Letzte Instanz "Im Auge des Sturms" / VÖ 29.08.2014

 

 

Müsste man die Letzte Instanz kurz und knapp beschreiben, wäre "keine Band für eine Nacht" durchaus eine adäquate Antwort. Wer auf die schnelle Nummer für zwischendurch aus ist, sollte an anderer Stelle suchen, denn das Kollektiv um Sänger und Frontmann Holly Loose bewegt sich auf eher gehobenem Niveau.

 

Da wären zum einen die durchaus als filigran zu bezeichnenden Streicher-Arrangements, die seit jeher eines der Trademarks der Band sind, aber auch die gerne mal ins Poetische und Lyrische abdriftenden Texte. An Pseudo-Denker, Möchtegern-Gutmenschen und Feuilleton-Leser richtet man sich trotzdem nicht, denn dafür hat man einfach zu viel wildes Rock-Feuer unter der Haube und schlichtweg auch (und vor allem live) zu viel Spaß in den Backen, um in die Untiefen manch selbsternannter Gothen-Denker hinab zu steigen. Man könnte auch sagen, dass die Letzte Instanz es wie kaum eine andere Band versteht, den Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung zu meistern, was auch "Im Auge des Sturms" wieder einmal unter Beweis stellt. Dieses entstand zwar erstmalig ohne Gitarrist und Gründungsmitglied Holly D., was Violinist M. Stolz zum letzten Vertreter der Ur-Besetzung macht, setzt aber etwa dort an, wo die Mammut-Trilogie "Schuldig" / "Heilig" / "Ewig" aufgehört hat. Mit "Ganz egal" findet sich eines der Highlights weit vorne in der Tracklist, eine Hymne an unbeirrte Optimisten mit einem überragenden LI-Chorus und kraftvollen Drums. Die stammen seit 2010 bekanntlich von David Pätsch, der bei "Nein" mal so richtig schön sein Kit verdreschen darf, denn die Antithese zum Ja-Sagen wird nicht nur durch den tollen Text und die verspielten Streicher, sondern auch durch das vielseitige, teils sogar metallische Drumming zum absoluten Hit. Hart ist auch das Finale von "Koma" geraten, der vielleicht eindringlichsten Nummer auf "Im Auge des Sturms", die quasi zeitgleich mit der Gänsehautballade ins Ziel kommt, die es sogar zu Titelstück-Ehren gebracht hat. Der Umstand, dass beide Songs unmittelbar aufeinander folgen, macht diesen Doppelschlag zum emotionalen Höhepunkt der Platte, die noch den einen oder anderen sehr soliden Song parat hält. Hinzu kommen gleich vier Instrumentals, was unter dem Strich möglicherweise etwas zu viel ist, aber diese Eitelkeit kann man den Instanzlern ruhig mal durchgehen lassen, immerhin wird das Sextett froh sein, endlich die konzeptionellen Ketten der zurückliegenden Trilogie hinter sich gelassen zu haben. Frei aufspielend fällt "Im Auge des Sturms" so eine Spur härter und spröder aus als die letzten Alben, und auch wenn die Hit-Dichte schon höher war, muss der Daumen dennoch klar nach oben gehen.

 

Markus Rutten- www.sounds2move.de