Lemmy Kilmister „Lemmy“ DVD / VÖ 21.01.2011

 

 

 

“I remember the time before Rock N Roll”. Dieser Satz ist weder vermessen noch übertrieben, wenn er aus dem Mund eines Lemmy Kilmister kommt. Der hat jetzt verdientermaßen seinen eigenen Film bekommen, einen richtig guten noch dazu, nämlich ein Portrait, das den Motorhead-Frontmann in vielen seiner Facetten zeigt und tiefe Einblicke in das Leben des Protagonisten bietet.

 

Wie bringt es ein englischer Fan während dieses Streifens so wunderbar auf den Punkt: Wenn Aliens eines Tages eine Atombombe auf die Erde werfen, wird nichts und niemand überleben – außer den Kakerlaken und Lemmy. Und man ist gewillt diese Einschätzung zu teilen. Auch mit über 60 Jahren und nach vier Dekaden im Rock-Zirkus ernährt sich Lemmy immer noch hauptsächlich von Jacky-Coke und Zigaretten. Wie der Diabetiker das macht, ist vermutlich auch den medizinischen Gelehrten ein Buch mit sieben Siegeln. Dabei sollten wir alle dankbar sein, dass Mr. Kilmister unkaputtbar zu sein scheint, nicht nur wegen seines Ikonenstatus innerhalb der Szene (den unzählige Gäste während dieser DVD immer wieder unterstreichen), sondern auch aufgrund seiner oft unterschätzten Gabe als Alltagsphilosoph, der mit meist einfachen Worten einen tiefgründigen Gedankengang zusammenfasst. Oder im nächsten Moment einfach nur liebenswert schrullig sein eigenes Weltbild ins rechte Licht rückt, etwa wenn er Scott Ian (Anthrax, The Damned Things) unmissverständlich klar macht, wie sich seiner Meinung nach Shorts definieren. Keine Frage: Wer es nicht schon längst tut, muss Lemmy spätestens nach diesem Filmchen mögen. Der bärtige Stiefel- und Spielautomatenliebhaber, den Tätowierstarlet Kat Von D. als ihren Traummann bezeichnet, ist allen Anschein nach die Vaterfigur einer ganzen Szene. Nicht nur deshalb bekommt Lem, wenn das Objekt seiner Begierde im örtlichen Plattenladen gerade nicht vorrätig ist, binnen weniger Minuten kurzerhand das Exemplar der Ladenbesitzerin ausgehändigt. „Im Namen des Rock N Roll“ muss sie es ihm einfach überlassen, wie sie sagt. Es sind diese kleinen Momente, die mal ans Herz gehen, meistens aber das Zwerchfell in Schwingung versetzen, die „Lemmy“ so gelungen machen. Wer wenn nicht er kann es sich erlauben, vorm Konzert in den Tuning Room von Metallica zu stapfen und die Stadion-Metaller mit einem kernig-flockigen „What’s up Motherfuckers?!“ zu begrüßen?

 

An anderer Stelle fällt der Satz: „Was interessiert mich Prince? Ich habe Hendrix gesehen“. Und ob er ihn gesehen hat, Lemmy war sogar dessen Roadie. Und natürlich hat er auch hierzu eine Anekdote parat: „Hendrix war ein großzügiger Kerl. Wenn er mich losgeschickt hat, um ihm 10 Trips zu besorgen, dann hat er 7 selbst geschmissen und die anderen drei waren für mich“. Und außerdem hatten die beiden mit der Behauptung aufgeräumt, dass Acid nicht an zwei Tagen hintereinander funktioniert: „Man muss einfach die Dosis verdoppelt“, kichert Lemmy. Wieder eine andere Behauptung ist, dass der Protagonist dieses Films in seinem bewegten Leben mit über 2.000 Frauen in der Kiste war. Was völliger Blödsinn ist wie Lem klarstellt, es waren „höchsten 1.000“. Nur um achselzuckend anzufügen: „Ich bin über 60, unverheiratet und Single – so viel ist das auch wieder nicht“. Wer wagt es dem Papst des Rock N Roll zu widersprechen? Der Autor dieser Zeilen sicherlich nicht. Der verkündet stattdessen nämlich lieber schon mal vorausschauend die essenziellste Rock / Metal DVD des Jahres. Muss man gesehen haben!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 08.02.2011