Lamb of God „Wrath“ / VÖ 20.02.2009

 

 

Weite Teile der härteren Metal-Szene werden heute dominiert von immer weiter ausuferndem Chaos, immer mehr Breaks, und noch mehr Undurchlässigkeit. Nicht selten scheint dabei der technische Aspekt gegenüber dem eigentlich Wichtigen die Oberhand zu gewinnen: den Songs an sich nämlich. Kompositorische Fähigkeiten sind mitunter zweitrangig, es gilt nur, das höchstmögliche Maß an Anspruch in die Menge zu peitschen. Manchmal gelingt das, viel häufiger geht dabei jedoch das Gefühl flöten. Jene unvermeidliche Zutat, mit der ein richtig harter Metal-Song im Grunde erst die vollkommene Substanz erhält.

 

Da wirkt es beinahe wie ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass eine Band wie Lamb Of God, eine Größe der Szene und in der Vergangenheit durchaus mit einem nicht unbedeutenden Grad an Sperrigkeit aufgefallen, sozusagen den umgekehrten Weg geht und ihren neuesten Output nicht nur programmatisch einfach „Wrath“ betitelt, sondern auch musikalisch viel eher auf verhältnismäßige Gradlinigkeit und Aggression ohne hunderttausende Umwege setzt. Seinen eigenen Stil hat sich der Virginia-Fünfer natürlich bewahrt, die rauen, immer noch eindeutig aus dem Thrash stammenden Grundriffs sind immer noch so zentral platziert wie Randy's zwischen Screams und Growls pendelnde Vocals. Doch „Wrath“ bietet mit griffigen Songstrukturen und zum Punkt kommenden Arrangements genau das, was die oben genannten Pioniere auf dem „Höher, Schneller, Weiter-Trip“ oft vermissen lassen. „Set To Fail“, „Contractor“ oder „Grace“ sind Bilderbuch-Abrissbirnen, bei denen man auf Auswüchse, die irgendetwas in die Länge ziehen könnten, erfreulicherweise vergeblich wartet. Die Technik und das Können sind vorhanden, die Anwendung dieser Elemente erfolgt auf „Wrath“ aber zu jedem Zeitpunkt songdienlich.

 

Am Ende umgibt den kurz zuvor noch wuterfüllten Raum eine beängstigende Stille. Doch es ist keine dieser Ruhephasen, in denen man sich aufgrund der Lawine vom gerade Erlebten erholen muss. Es ist eine Stille, die nach mehr verlangt, nach einer Wiederholung der gesamten Eindrücke. „Wrath“ ist in seiner Kompromisslosigkeit, gewaltigen Intensität und seiner sofort auflodernden Überzeugungskraft ein Frontalangriff, nach dem man sich immer wieder sehnt. Das Lamm Gottes erweckt die Zorneslust – und öffnet die Münder auch ohne meilenweite Auswüchse in die Progressivität.

 

Heiko Eschenbach – www.sounds2move.de / 15.01.2009