Lacrimosa „Schattenspiel“ / VÖ 07.05.2010

 

 

Muss man zu Lacrimosa noch viele Worte verlieren? Dass das Projekt um Tilo Wolff und Anne Nurmi sich schon lange als Ausnahmeerscheinung der dunklen Musikszene etabliert hat, dürfte bekannt sein. Ebenso, dass die Band zugunsten der absoluten künstlerischen Freiheit nie bei einem Major-Label unterschrieben hat und das trotz entsprechender Angebote. Dass sie aus der deutschen und internationalen Gothic-Szene aber nicht wegzudenken sind, hat noch einen weiteren Grund: Lacrimosa ist langlebig, denn das Projekt existiert bereits 20 Jahre. Diejenigen, die schon in den 90ern mit Lacrimosa in Berührung kamen, werden sich fragen, wo die Zeit geblieben ist, denn 20 Jahre sind gerade im Musikbusiness eine verdammt lange Zeit. Und über diese Zeit populär zu bleiben und auch als Inspiration für andere Künstler zu gelten, wenn man kein Major-Label hat, ist eine beachtliche Leistung, denn es bedeutet, dass die Qualität und der Ideenreichtum der Alben noch höher sein muss als bei anderen. Und während andere Bands ihre Jubiläen mit der obligatorischen „Best of“-Compilation mit 1-2 neuen Songs feiern, gehen Lacrimosa auch hier einen anderen Weg.

 

Sie veröffentlichen zum 20jährigen Band-Jubiläum mit der Doppel-CD „Schattenspiel“ mit bislang unveröffentlichten oder seltenen Ur-/Demo-Versionen von Stücken aus den verschiedenen Phasen ihres Schaffens. Dabei sind die Stücke auf dem Album in chronologischer Reihenfolge von 1990 bis heute angeordnet, wo zu guter Letzt zwei nagelneue Stücke nicht fehlen dürfen. Der erste neue Song „Sellador“ hat starke elektronische Wurzeln, ist demnach eher der elektronisch geprägten Anfangsphase der Band gewidmet, während das zweite neue Stück „Ohne Dich ist Alles Nichts“ im aktuellen bombastisch-rockigen Lacrimosa-Stil daherkommt. Aber nicht nur die zwei neuen Songs machen die Scheibe zum absoluten Pflichtkauf für die Fangemeinde der Band. Die Ur-/Demo-Versionen geben einen Einblick in die musikalische Entwicklung der entsprechenden Stücke wie sie selten eine Band offenbart. Zumeist bleiben diese Fassungen für immer den Ohren der Öffentlichkeit verborgen. Hier hört man noch die starken elektronischen Wurzeln deutlich heraus, die die frühe Phase der Band kennzeichnete und diese elektronische Variante der Songs ist keinesfalls schlechter, nur eben anders, wobei den Songs der späteren Phase teilweise noch etwas der Bombast fehlt. Insgesamt eine Veröffentlichung, die dank der seltenen Aufnahmen etwas für jeden Fan der Band bietet, vom Neuling bis zum alten Hausen, der schon die komplette Diskographie zuhause stehen hat. So sollten Jubiläums-Veröffentlichungen immer sein.

 

Steve Palaser – www.sounds2move.de / 04.05.2010