Krypteria „My Fatal Kiss“ / VÖ 28.08.2009

 

 

 

Krypteria haben zuletzt immer wieder verlauten lassen, dass “My Fatal Kiss” ursprünglich schon vor einem Jahr hätte fertig sein sollen. Dass man sich letztlich um ein ganzes Jahr verspätet ist zwar nicht schlimm (es sind nämlich trotzdem nur 2 Jahre seit „Bloodangel’s Cry“ ins Land gegangen), lässt aber auch die Befürchtung aufkommen, dass Album Nr. 3 inzwischen tot produziert wurde.

 

Und leider trifft genau diese Befürchtung beim ersten Hören zu. „Ignition“ mutet für Krypteria fremdartig an, ein derart schroffes Riffing ist man von den Kölnern einfach nicht gewohnt. Und auch die restlichen Songs sausen erst einmal ziemlich am Ohr vorbei. Hat sich das Quartett etwa selbst ins Knie geschossen? Während sich meine Mundwinkel langsam aber stetig nach unten bewegen, kriegt „My Fatal Kiss“ von Durchgang zu Durchgang doch noch die Kurve. Und die Geduld wird belohnt, denn Ji-In Cho und ihre Jungs haben es zum Glück doch nicht verlernt und letztlich doch ein Album abgeliefert, mit dem alle Fans zufrieden sein werden. „Ignition“ ist zwar dennoch wohl kein zukünftiger Publikumsliebling, aber drauf gepfiffen, denn man zeigt dafür bei anderen Songs wo der Hammer hängt und was den Vorgänger so stark machte. Und diese Stärken kommen überwiegend dann zum Zuge, wenn Krypteria  sich selbst treu bleiben und nicht vor einem gewissen Maß an Kitsch zurückschrecken. „For you I’ll bring the Devil down“ ist so ein Stück: Zuckersüß, pompös und großzügig mit Chören verstärkt. Wasser auf die Mühlen der Kritiker? Schon möglich, aber auch eine absoluter Volltreffer für die Gefolgschaft! Gleiches gilt für die bombastische Powerballade „God I need someone“, die Femme Fatal Ji-In in Hochform präsentiert, sehr gefühlvoll arrangiert ist, dabei aber auch ein gesundes Maß an Härte und eine stimmungsvolle Akustikgitarre mitbringt. Auch das schwungvoll rockende „Deny“ kommt gut, das bandtypische „Now (start spreading the Word)“ und das Duett „Too late, Game Over & Goodbye“ (Achtung: Leider nur ein Bonustrack) gehören sogar zu den größten Hits der Scheibe.

 

Auf dem Cover von „My Fatal Kiss“ sind eine dunkle und eine schneeweiße Ji-In zu sehen, was in gewisser Weise hervorragend zu diesem Album passt. Denn wer nicht nach dem ersten Durchlauf gleich schwarz sieht, der bekommt nach kurzer Anlaufzeit Krypteria in Reinkultur geboten. Oder um es märchenhaft auszudrücken: Was als hässliches Entlein beginnt, verwandelt sich letztlich doch in den anmutigen Schwan, den wir vor wenigen Jahren schätzen gelernt haben.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 20.08.2009