Kissin’ Dynamite „Steel of Swabia“ / VÖ 18.07.2008

 

 

Es ist immer wieder witzig, welche Vorbilder sich junge Bands suchen, um ihren Sound zu definieren. Im Falle der fünf Schwaben-Buben von Kissin’ Dynamite kann man sagen, dass die Truppe musikalisch fest in den 80ern verwurzelt ist – wohlgemerkt obwohl die Burschen in dieser modisch gesehen pikanten Epoche noch nicht einmal auf der Welt waren.

 

Trotzdem scheinen Mitte der Neunziger, als die Kerle noch mit der Rassel um den Christbaum geflitzt sein dürften, vor allem Glam / Rock N Roll Bands wie Guns N Roses, Mötley Crüe und Poison, vielleicht auch metallische Vertreter wie Helloween im Kinderzimmer auf dem Programm gestanden haben. Dies dokumentieren Songs wie das gelungene „My Religion“ oder „Welcome to the Jungle“ (nein, keine Coverversion – aber diesen Zaunpfahl übersieht nun wirklich überhaupt niemand). Mit „Let’s get Freaky“ wird „Steel of Swabia“ übrigens ziemlich durchschnittlich eingeläutet und vor allem der eine oder andere Text kommt im Verlauf des Albums streckenweise noch ziemlich cheesy daher, wovor allerdings auch weitaus betagtere Genrekollegen mitunter nicht gefreit sind. Ob Sänger Hannes Braun zwangsläufig mit Vibrato- und High-Pitch-Salven um sich werfen muss, sei dem Genre-Standard zugeschrieben und dahin gestellt (und hat sich mit dem finalen Stimmbruch vermutlich sowieso erledigt). Auch ist „Lie for Me“ zwar eine schmucke Hardrock-Ballade, aber ob man die Worte aus dem Mund eines 16-jährigen für voll nimmt? Wer schlau ist klammert den Altersaspekt bei Kissin’ Dynamite einfach aus und genießt dieses Debüt ausschließlich musikalisch. Denn auch wenn man es nach meinem bisherigen Gemecker nicht zwangsläufig vermuten könnte, so finden sich auf „Steel of Swabia“ nämlich sogar gleich mehrere richtige schmissige Rock-Kaliber. Hier seien neben dem Titeltrack auch „Only the good die young“ und das bereits gelobte „My Religion“ genannt. Aufgrund dessen und nicht zuletzt wegen seiner Ohrwurmigkeit darf man sich guten Gewissens auf „Steel of Swabia“ einlassen. Von so manchem Zuhörer könnten Kissin’ Dynamite zwar problemlos der leibliche Nachwuchs sein, aber diesen Altrockerinnen und Altrockern müsste man im Bedarfsfall sogar noch ein zusätzliches Kompliment aussprechen, nämlich dafür bei der musikalischen Früherziehung so ziemlich alles richtig gemacht zu haben.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 22.07.2008