Kid Rock "First Kiss" / VÖ 20.02.2015

 

 

 

In Robert James Ritchie steckt doch eine waschechte Romantiksau! Würde der Mann, den alle nur Kid Rock nennen, sonst sein zehntes Album "First Kiss" nennen? Außerdem sind auch die Zeiten von "American Bad Ass" längst vorbei, wo der "Rock ´n´ Roll Jesus" noch - zugegeben ziemlich erfolgreich - versucht hat, Lynyrd Skynyrd und ZZ Top mit Run DMC und den Beastie Boys zu kombinieren. Inzwischen hat sich der Ex von Pamela Anderson voll und ganz seinen Country und Südstaaten-Einflüssen ergeben. Und das obwohl er eigentlich aus Detroit, Michigan kommt, wo man naturgemäß eher mit Rock ´n´ Roll, Hip Hop oder Hardcore in Berührung kommt.

 

Trotz einer gewissen Rap-Affinität in den Anfangsjahren zieht es Kid Rock schon immer in den Süden, der Mann aus der Autostadt fühlt sich musikalisch nirgends so heimisch wie bei Rednecks, Truckern und anderen Country-Freunden. Und das hat seinen Grund, was auch "First Kiss" wieder beweist, das Rock, Pop und Outlaw Country zusammenbringt und sich deshalb schnell als typisches Kid Rock-Album outet. Aus persönlicher Vorliebe, aber sicherlich auch gerne, um sein Publikum zu bedienen, ruft er deshalb genau die richtigen Heiligen an (eine Nummer heißt direkt "Johnny Cash", aber auch "Jesus and Bocephus" - ein gängiger Spitzname von Hank Williams - wird bei Fans schon vom Titel her offene Verandatüren einrennen). Mit dem Titeltrack und ziemlich sicheren Smashhit "First Kiss" legt Kid Rock mal eben seine persönliche Interpretation von "Summer of '69" vor, der Rausschmeißer "FOAD" (Fuck off and die) sorgt für das nötige Mindestmaß an F-Word und Rebellion. Weil unser Held, der inzwischen sein eigenes Bier namens "Badass" an den Start gebracht hat, zudem einen Ruf als standfester Schluckspecht zu verteidigen hat, findet auch das Thema Alkohol großzügig Berücksichtigung ("Ain't enough Whiskey", "Drinking Beer with Dad", "Good Times, Cheap Wine"). All das macht "First Kiss" zu einem durch und durch traditionsbewussten amerikanischen Album, das hin und wieder vielleicht ein paar Klischees zu viel bedient und es mit dem Pathos ebenfalls bisweilen etwas zu gut meint. Dass das kein Zufall ist, verrät uns der Protagonist schon frühzeitig selbst, denn er mag weder Coldplay noch irgendwelche Trends, sondern einfach Sonne, billigen Wein und Rock ´n´ Roll ("Good Times, Cheap Wine"). Das ist doch zumindest mal eine Meinung und zwar eine, mit der man arbeiten kann. Klar, ein oder zwei rockige Songs mehr wie das Titelstück wären grundsätzlich nicht verkehrt gewesen, aber eine gute Zeit kann man mit dieser Platte dennoch problemlos haben. Wenn man sich nicht vorher vom unglaublich hässlichen Coverartwork hat abschrecken lassen.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de