Karelia "Raise" - Plattenkritik / VÖ 30.05.2005

Mit ihrem Debütwerk Usual Tragedy, konnten die Franzosen von Karelia, im letzten Jahr einen durchaus überzeugenden Einstand in der Welt des Metals abliefern. Nun meldet sich die Gruppe mit ihrem Zweitwerk Raise zurück, um abermals zu beweisen, dass auch Frankreich auf der Metallischen Landkarte durchaus eine Berechtigung hat.

Wie schon auf dem Debüt, zelebrieren Karelia auch hier den symphonischen Metal, wobei im vergleich zum Erstling, die Chöre und Epischen Momente ein wenig zurückgeschraubt wurden. Dennoch findet man auf diesem Album immer noch genug Pathos, der aber sehr überlegt und auch mit dem nötigen Feingefühl eingesetzt wird, so dass die Songs nie überladen wirken. Auch haben die Gallier ihrem Sound einen düsteren Grundanstrich verpasst, den man auf dem Debüt noch nicht vorgefunden hat und der dem Zweitwerk eine ganz eigene Atmosphäre verleiht. Vor allem beim eröffneten Titeltrack, kommt jene neue Komponente besonders gut zum tragen, macht diesen Song mit seinen Chören und bedrohlichen Momenten zu einem Highlight der CD. Mit dem gelungenen Child Has Gone, wagen sich Karelia in fast schon Popige Gefilde, lassen Sänger Matthieu Kleiber zu einem Duett mit einer Sängerin antreten, was diesen Song wohl zum zugänglichsten des Albums macht. Ansonsten bieten die Franzosen gewohnte symphonische Kost, die wie auf  dem Debüt mit sehr viel Handwerklichem Geschick umgesetzt ist, aber nicht zu überraschen vermag. Einzig bei dem atmosphärischen Instrumentalstück Disharmonic Dogmas, wagen Karelia einen Blick über den Tellerrand, lassen orientalische Melodien und Gesänge ins Klangbild einfließen. Doch leider wird dieses gelungene Stylmittel im weiteren Albumverlauf nicht wieder aufgegriffen, was eindeutig als verschenkte Möglichkeit betrachtet werden muss. Ebenfalls muss man Kritisch hervorheben, dass Karelia auch auf dem Zweitwerk keinen wirklichen Ohrwurm vorweisen können, sich kein Song als wirkliche Hymne hervorhebt. Zwar ist das schon erwähnte Child Has Gone sehr eingängig gehalten, nur fehlt es auch diesem Stück am letzten Feinschliff, um wirklich als Ohrwurm durchzugehen. Trotzdem muss man anerkennend erwähnen, dass sich auf Raise kein schlechter Song befindet, was wiederum für das Können der Franzosen spricht. Mit High Hopes wagen sich Karelia gar an eine Coverversion eines bekannten Songs von Pink Floyd, mit dem sie sogar richtiggehend überzeugen können. Während andere Bands sich an der Herausforderung übernommen hätten, gelingt es den Franzosen dem Song ihre eigene Note zu verleihen, ohne die Stärken des Originals zu Ignorieren.

Karelia haben Talent und Zukunft, soviel steht nach dem Hören von Raise fest, wobei der große Wurf mit diesem Werk noch nicht gelungen ist. Vielmehr loten Karelia ein wenig ihre Grenzen aus, haben ihren Sound hier und da erweitert, ohne zu große einschnitte vorzunehmen. Dabei wurden einige Schwächen des Debüts leider nicht ganz beseitigt, fehlt es immer noch an den wirklich zündenden Songideen, die unverzichtbar für das vollständige gelingen eines Album sind. Trotzdem kann man Raise als ein durchweg solides Werk bezeichnen, bei dem die Genrefans und die Anhänger der Band durchaus auf ihre Kosten kommen.

Nando Rohner – http://www.sounds2move.de/ / 07.06.2005