Jon Oliva „Raise the Curtain" / VÖ 21.06.2013

  

Seit über 30 Jahren ist Jon Oliva nun schon dabei. In dieser Zeit veröffentlichte er fast im Jahrestakt Alben unter verschiedenen Namen. Da all diese Bands bzw. Projekte (Savatage, Doctor Butcher, T.S.O., Pain) zwar immer verschieden, aber doch typisch Oliva klangen, trifft dies auch auf die neue Platte zu. Allerdings muss man sagen, dass der Mountain King wohl noch nie so viel experimentiert hat wie auf „Raise the Curtain”. So erfrischend anders klang seine Musik nach dem Ende von Savatage nicht mehr. Jon Oliva's Pain orientierte sich eher an Savatage um 1990, das jetzige Soloprojekt orientiert sich an......nichts!

Jon Oliva ist, bei all seinen Talenten, ja in erster Linie Tastenmusiker, und das wird auf „Raise the Curtain” deutlich herausgestellt. Im langen Intro mit ewiger Wiederholung des Albumtitels präsentiert sich zum ersten Mal die Hammond Orgel im Vordergrund, welche den Hörer über weite Strecken des Albums begleitet. Hier fällt die exzellente Produktion von „Raise the Curtain” auf, die auch bei höherer Lautstärke die Songs klar und kräftig wiedergibt. Danach gibt es mit „Soul Chaser” solide, überraschend harte 80er Metalkost. In dieser Hinsicht setzen „Big Brother” und vor allem „The Witch” noch einen drauf. Letzteres klingt wie eine Mischung aus Nevermore und System Of A Down. Schon komisch und nicht unbedingt zündend, im Gegensatz zum ebenfalls ungewöhnlichen „Armageddon” mit dem klimpernden Cembalo.

Ebenfalls ungewöhnlich, aber gut präsentiert sich das musicalartige „Ten Years”, während „Father Time” als radiofreundliche, treibende Single etwas aus dem Rahmen fällt.

Der absolute Höhepunkt des Albums ist die Powerballade „I know”. Dies ist der einzige Song, der wirklich nach Savatage klingt und der den Vergleich mit den großen Nummern wie „Believe” und „When the Crowds are gone” nicht verliert. Vielleicht ist dies der beste Oliva-Song seit 1997.

Insgesamt gesehen hat dieses Album zwei Gesichter. Die erste Hälfte ist erfrischend, kraftvoll und eingängig und bis einschließlich Track 7 „Armageddon” auf einem hohen Niveau. Danach verliert sich Jon Oliva in Experimenten und belanglosen Balladen, was in dem überflüssigen Bonussong „The Truth” mit Schunkelakkordeon gipfelt.

Ob einem das als Argument zum Albumkauf ausreicht, sollte jeder selbst entscheiden. Die Veröffentlichungen von Pain und die letzte Savatage „Poets and Madmen” waren nicht zwingend besser. Für Fans der letzten Platten ist „Raise the Curtain” sicher etwas, für Fans von T.S.O. und der O'Neill Platten von Savatage eher nicht.

 

Nils Obergöker - www.sounds2move.de