Jonathan Davis and the SFA „Alone I play/Live at the Union Chapel“ (CD + DVD) / VÖ 26.08.2011


 

 

Im Moment weiß Jonathan Davis nicht so recht aus dem Knick zu kommen mit neuem Material seiner Band Korn. Eigentlich hätte vor kurzem eine neue EP erscheinen sollen, die wurde dann aber kurzfristig abgeblasen, weil man entschied, das Material lieber zurückzuhalten, weiteren Stoff zu sammeln und daraus das nächste Studioscheibchen zu machen. Wie gut, dass der Sänger noch einen Mitschnitt seiner 2008er Solotour in der Schublade hat, den er uns jetzt als „Alone I play/Live at the Union Chapel“ präsentiert.

Die Idee hinter diesem Alleingang ist schnell erklärt: Zusammen mit seiner Begleitband, den Simply Fucking Amazings – kurz SFA -, hat der Mann mit der bekanntesten Nasalstimme des modernen Metals ein gut einstündiges Programm einstudiert, das sich aus vereinzelten Hits, live bisher Verschmähtem und Soundtrackbeiträgen zum Film „Queen of the Damned“ zusammensetzt. Das Ganze klingt dann, aufgeführt in wunderbar stimmungsvoller Umgebung, ungefähr so als würden Korn sich an einem semi-akustischen Set versuchen. Warum uns Davis diese Nummer als Soloprojekt ans Herz legt, anstatt die Sache einfach mit seiner Hauptband als „Raritäten-Tour“ durchzuziehen und sich die für die exotischen Elemente zuständigen Violinisten und Percussionisten einfach als Ergänzungsmusiker ins Boot holt, wird nicht beantwortet. Sei es drum, so schlecht ist die Idee trotzdem nicht, schon allein weil der intime Rahmen der Union Chapel Fanherzen höher schlagen lässt. Wann kommt man seinem sitzenden Idol schon einmal so nahe? Moment mal, sitzend?! Genau, während der überwiegende Teil der Begleitmannschaft genau wie das Publikum stehend agiert, verbringt der Chef den Abend fast ausschließlich auf einem pompösen, hölzernen Thron. Das sieht erst mal komisch aus, hindert den Star des Abends jedoch nicht daran ordentlich mitzugehen und gestenreich sein unvergleichliches Seelenleiden darzubieten. Wer übrigens bei den Einstellungen von hinter Keyboarder Zac Baird etwas genauer hinschaut, dem wird auffallen, dass sich Davis zur Sicherheit von einem Teleprompter zu seinen Füßen mit allen Songtexten versorgen lässt – vermutlich eine reine Vorsichtsmaßnahme angesichts der vielen nicht alltäglichen Songs. Man möge dem Sänger diesen Spicker verzeihen, denn zum Beispiel „Not meant for me“ und „Redeemer“ (beide vom „Queen of the Damned“ OST) hat er anno 2002 zwar geschrieben, aber nicht selbst eingesungen, sondern David Draiman (Disturbed) bzw. Marilyn Manson den Vorzug gelassen. „Alone I break“, der Namensgeber für Tour und Mitschnitt, ist hingegen sehr wohl aus dem „richtigen“ Fundus des Protagonisten und passt mit seiner ruhigen, durchdringenden Art wunderbar ins Programm. Interessant sind zudem die umarrangierten Versionen von „Got the Life“ und „Falling away from me“, letzteres präsentiert sich zur Hälfte gar als regelrechte Lounge Musik. Die beiden genannten New Metal Hymnen beschließen dann auch standesgemäß das Set, das ebenso wie die puristische DVD ohne jede Zugabe auskommen muss. Weitere Abzüge bekommt „Alone I play“ für die oft viel zu hektischen Schnitte (DVD) und die hin und wieder auftretende Gleichförmigkeit im dargebotenen Material. Hier greifen vor allem Die-Hard-Fans und Komplettisten zu.

 

Markus Ruttenwww.sounds2move.de