In Flames "Siren Charms" / VÖ 05.09.2014

 

 

 

Beim ersten Reinhören ist das neue In Flames Album eines nicht: aufregend. Vieles fliegt vorbei, wirkt emotionslos, man möchte gar gleichförmig sagen. Doch dann kommt den Schweden jemand zu Hilfe, nämlich Gevatter Zeit, und wer den hinter sich hat und "Siren Charms" mehr als eine Chance gibt, wird von Mal zu Mal mehr mitgerissen.

 

Es dauert also ein bisschen, bis man mit der neuen Ware der Göteborger warm wird, was ja grundsätzlich nichts Schlechtes sein muss. Dass man mit einer gewissen Skepsis an die Sache herangeht, daran ist die Band selbst allerdings nicht ganz unschuldig. Als Vorgeschmack wurde mit "Through Oblivion" nämlich u.a. eine Single serviert, die sich über weite Strecke durch zähes Mittelmaß quält, anstatt mal ordentlich auf die Kacke zu hauen. Dass Anders Fridén dazu mit seinem teils etwas verschlafen wirkenden Gesang auch noch mehr betört als elektrisiert, macht sich ebenfalls bemerkbar. Auch für diesen Song gilt zwar, dass er mit der Zeit für mehr Begeisterung sorgen kann, hochgezogene Augenbrauen wird man dafür beim Ersthörer aber einige ernten. Schwamm drüber, denn die Ausrufezeichen auf "Siren Charms" setzen andere Songs. Da wäre das hymnisch-emotionale "With Eyes wide open", vor allem aber der Brecher "Rusted Nails". Hier ist endlich mal wieder richtig viel Dynamik, Feuer und Härte drin, dazu gibt es wohl dosiert den von vielen schmerzlich vermissten deftigen Gesang - geht doch! Qualitativ kann da auch "When the World explodes" mithalten, ein abwechslungsreicher Volltreffer, der gleichzeitig auch die größte Überraschung des Album ist. Den wohlig warmen Refrain darf mit der klassisch geschulten Sängerin Emilia Feldt nämlich erstmals seit "Dead End" von "Come Clarity" eine Gastsängerin intonieren - und das mit durchschlagendem Erfolg. So tritt "Siren Charms" erst mit ein paar Schritten Anlauf so richtig Arsch, kann dann aber immer mehr verzücken und den Vorgänger "Sounds of a Playground fading" locker und lässig in den Schatten stellen. Mit der Hitdichte eines "Come Clarity" kann man zwar leider nicht mithalten, außerdem war man 2006 zumindest noch mit einem Bein im Melodic Death Metal gestanden, aber dafür ist das elfte In Flames Langeisen ein sehr gutes Modern Metal-Scheibchen mit der einen oder anderen geilen Hookline und einer standesgemäß weit überdurchschnittlichen Gesamtqualität. Da steigt die Vorfreude auf die anstehende Tour im Herbst.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de