Ill Nino „Enigma“ / VÖ 28.03.2008

 

 

Mit ihrem neuen Album „Enigma“ könnten Ill Nino sich einen Ruf als das Chamäleon unter den lateinamerikanisch-inspirierten Metalbands verschaffen. Denn der neue Dreher der „kranken Kinder“ zeigt die Band gleichermaßen von einer bekannten, wie auch von einer völlig neuen, ungewohnten Seite.

 

Dabei ist es im Nachhinein irrelevant, dass Cristian Machado und seine fünf Kollegen ganz schön haben auf sich warten lassen. Denn „Enigma“ wurde mehr als einmal verschoben und kam am Ende mit einer mehr als beachtlichen Verspätung ums Eck geschippert. Diese darf man aber billigend in Kauf nehmen, denn was unter Strich herausgekommen ist, hat Hand und Fuß, auch wenn die Fakten auf dem Papier nun wirklich nicht danach klingen. Denn „Enigma“ verbindet aggressive Thrash Parts der Marke Sepultura (mittlere Schaffensphase, „Compulsion of Virus and Fever“) mit großzügigen Percussions und einem Hauch von Enrique Iglesias. Richtig gehört, denn Ill Nino haben ihrem eigentlich überwiegend metallisch-rockigem Album auch ein paar südamerikanische Pop-Auszeiten gegönnt, welche im extremsten Fall („De Sangre Hermosa“, „Hot Summer’s Tragedy“) auch aus dem täglichen Hausfrauenradio stammen könnten. Allerdings ohne den weinerlichen Schnulzencharakter der Ex-Warze, versprochen. Das mag sich jetzt für den einen oder anderen nach Weltuntergang anhören, klingt aber – zumindest in meinen Ohren – immer noch stimmig, vor allem im Kontext der anderen Songs, selbst wenn selbige bisweilen völlig anders ausgerichtet sind. Denn die Tribal-Markenzeichen der Band, die seit jeher äußerst präsent waren, halten im Falle von Album Nummer 4 den ganzen Laden zusammen und sorgen für die nötige Würze, um sich zusätzlich von der Konkurrenz abzugrenzen. Dabei klingen Tracks wie „Pieces of the Sun“ oder „Alibi of Tyrants“ noch immer absolut zeitgemäß, zugleich aber auch erdiger und weniger offensichtlich modern als auf dem Vorgänger „One Nation Underground“. Damit hätten wir auch schon alle Vorzüge von „Enigma“ aufgezeigt, nämlich dass dieses Album kurz gesagt zwar Widersprüche aufweist, diese aber jederzeit im Stande ist homogen zusammenzufügen. Schwermut bis Aggression, der neue Ill Nino Dreher ist voll von unterschiedlichsten Emotionen. Wer sich darauf einlässt wird mit einem Album belohnt, das man in nahezu jeder Stimmung hören und genießen kann. Kauftipp!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 30.03.2008