Hysterica “All in“ EP/ VÖ 05..02.2016

 

 

Heavy Metal mit weiblichem Gesang oder gar komplett in weiblicher Besetzung – klar, dass auch in diesem Metier Schweden ganz weit vorne liegt. Crucified Barbara, All Ends oder Sister Sin seien hier nur als Spitze des Eisbergs genannt. Bislang eher als Geheimtipp gehandelt wurden Hysterica aus Stockholm (zu deren Gründungsmitgliedern Liv Jagrell von Sister Sin gehörte, die die Band aber noch vor Erscheinen des Debüts verlassen hat), die ähnlich wie Crucifed Barbara ausschließlich aus vier Powerfrauen bestehen. Dass man in der Vergangenheit ein recht martialisches Image gepflegt hat (insbesondere auf dem 2009er Debüt „Metalwar“), darauf verweisen heute hauptsächlich noch die zum Teil ulkigen Pseudonyme (SatAnica, Bitchie, Hell´n, Anni DeVil). Nach dem recht bodenständigen Stück Heavy Metal, das der Erstling lieferte, veröffentlichten Hysterica 2012 (zwischenzeitlich zum Quintett angewachsen) das experimentierfreudige „Art of Metal“, wo man einerseits mit Keyboards und extrem eingängigen Refrains ziemlich poppig daher kam, anderseits aber auch recht viel mit Growls arbeitete. Nach einer recht langen Pause ist man nun mit der fünf Tracks umfassenden EP „All in“ zurück. O.K., in Schweden ist das Teil bereits im April 2015 erschienen, was die Pause etwas kürzer macht. Warum man fast ein Jahr warten musste, bis das neue Lebenszeichen von Hysterica auch in unseren Breitengraden erscheint, sei dahin gestellt. Auffällig ist jedenfalls, dass man sich wieder auf die Basics besinnt. Keine Keyborads, keine Growls, dafür ein fetter, groovender Metal Sound. Der Opener „Lock up your Son“ nimmt einen gleich mit seinem melodischen Gesang mit, bevor der Midtempostampfer auch mal kurz etwas Härte auffährt. Frontfrau Anni wechselt zwischen Klargesang und Gekeife, und einen schönen atmosphärischen Zwischenpart gibt es obendrauf. Der Titeltrack ist dann ein weiterer Stampfer, der nicht wirklich aus dem Midtempo ausbricht. In Erinnerung bleibt das Stück vor allem durch seine 70er-Jahre-Hard-Rock-Gedächtnisschreie vor dem Refrain. Außerdem gibt es auch hier einen ruhigen, mit melodischem Gitarrensolo unterlegten Zwischenpart. Der dritte Track „Free me“ lässt die Sache dann noch ein wenig ruhiger angehen und ist fast schon im Doom zu verorten, aber der melodische Refrain und der leichte Deep Purple-Touch reißen es noch mal raus. Der flotte Auftakt von „You´ll remeber my Name“ lässt Hoffnung auf ein wenig Tempo aufkeimen, doch auch hier verfällt man schnell wieder in den Midtempo-Stampfmodus. Auch das abschließende „Ease my Mind“ bringt nicht den erhofften Fuß auf dem Gaspedal, dafür ist dem Stockholm-Vierer hier eine schmissige Ballade mit Hitpotential gelungen.

 

Unter dem Strich ist „All in“ als ein durchaus gelungenes Lebenszeichen zu bewerten, das die Band in Sound und Songwriting gereift zeigt. Auch Sängerin Anni konnte sich deutlich verbessern. Leider ist das Material etwas zu gleichförmig geraten, es fehlt einfach ein schneller Kracher der Marke „Girls made of Heavy Metal“. Aber da die EP ja mittlerweile auch einige Zeit auf dem Buckel hat, kann man hoffen, dass man mit den fünf Stücken nicht bereits buchstäblich „All in“ gegangen ist und bald frisches und dann auch wieder flotteres Material nachkommt.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de