Huntress "Spell Eater" / VÖ 27.04.2012

 

 

 

Noch vor ein paar Wochen steckte ich in einer mittelschweren Metal-Sinnkrise. Irgendwie wollte nix mehr so richtig Spaß machen. Der ganze Pagan- und Folk-Kram hatte seine Übersättigungsgrenze erreicht, Elsen- und Gothic-Metal war weit darüber hinaus. Black und Death Metal ist auch irgendwie immer das Gleiche, Thrash viel zu Retro und bei True Metal stört mich schon immer der Eunuchengesang. Doch dann nahte Rettung in Form von Huntress. Die amerikanische Newcomer-Band um Sängerin Jill Janus hat in mir das hartmetallische Feuer neu entfacht. Das Debüt „Spell Eater“ liefert elf Metal-Perlen, die es lohnt gehört zu werden. Sicherlich muss man der Band auch eine gelungene Marketing-Strategie attestieren (weswegen vielerorts auch schon das böse Wort Hype gefallen ist). Denn die vorab ausgekoppelte Single „Eight of Swords“ ist nicht nur der eingängigste und schnellstzündende Song des Albums. Auch das dazu im Netz verbreitete Video heizte mit der optischen Umsetzung des okkulten Bandimages die Vorfreude an. Und dass Sängerin Jill Janus mal Playmate war und dementsprechend wenig verklemmt durch die Wälder zieht, ist sicherlich auch nicht gerade hinderlich, um Publicity zu bekommen. Aber seien wir mal ehrlich: Heavy Metal lebt eigentlich schon immer zum Großteil von entsprechenden Images. Und eines ist auch klar: Titten und Blut kommen immer gut!

Doch würde man der Band in jedem Fall Unrecht tun, diese auf die Äußerlichkeiten zu reduzieren. Dafür ist „Spell Eater“ einfach zu gut. Zwar brauchen die übrigen zehn Songs etwas länger, um zu zünden, aber nach ein paar Durchläufen hab ich wirklich jeden einzelnen in mein Herz geschlossen. Als Anspieltipps nenne ich den „Painkiller“-mäßigen Titeltrack, den abwechslungsreichen Stampfer „Snow Witch“, die Hymne an die Haus-Hexe „Aradia“ oder das fiese „Terror“. Letzterer Song thematisiert die nicht enden wollenden Amokläufe an (amerikanischen) Schulen und gibt der von Alice Cooper bekannten Zeile „School is out forever“ eine ganz neue Bedeutung. Die musikalische Ausrichtung des Albums ist eher als hart zu bezeichnen, doch ist und bleibt die Basis immer Heavy Metal. Ausflüge in angrenzende Genres wie Thrash-Metal oder mal das eine oder andere Dissection-Riff sind natürlich nicht ausgeschlossen. Es ist auf jeden Fall eine Freude, dem Gitarrenduo Blake Meahl und Ian Alden bei der Arbeit zuzuhören. Selbstverständlich wird auch einiges in Sachen Soli geboten. Doch wirklich außergewöhnlich wird die Musik von Huntress erst durch die Stimme von Jill Janus. Die schreit, singt, keift, brüllt und flüstert sich durch die gute Dreiviertelstunde, dass es nur so kracht. Dementsprechend viele Assoziationen gehen einem beim Hören durch den Kopf: Rob Halford, Dawn Crosby, Sabina Claasen oder doch King Diamond?

Als Fazit kann ich nichts geringeres verkünden, als dass Huntress den Heavy Metal gerettet haben – auch wenn nur für mich ganz persönlich.

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de