Him „Screamworks: Love in Theory and Practice“ / VÖ 12.02.2010

 

 

Ohne eine Note gehört zu haben, nimmt Ville Vallos neuester Output direkt mal einige Schnulzenklischees mit. Da fängt beim Albumuntertitel „Love in Theory and Practice“ (Kamasutra anyone?) an und hört bei Songtiteln wie „Ode to Solitude“, „Love the hardest way“ und „Heartkiller“ noch lange nicht auf.

 

Und doch haben sich die Finnen hier wieder weitaus mehr Gedanken gemacht, als man aufgrund diverser Klischeereitereien meinen könnte. Sicherlich hat „Scared to Death“ mit seinen Bubblegum-Keys einen zuckersüßen Einstieg und bei Textzeilen wie „I’m scared to death to fall in love with you“ hüpfen die Emily Strange-Haarspangen bei der mutmaßlichen Zielgruppe vor Verzückung von ganz allein in die Luft. Aber – und es soll immer noch Menschen geben, die das überrascht – Him sind in keinster Weise nur ein Anschmachtobjekt für pubertäre Gothic-Mädels. So war der Vorgänger „Venus Doom“ über weite Strecken ein fasernreines Doom-Album, schwer und heavy – ein Kniefall vor Bands wie Black Sabbath oder etwa alten Anathema. Bis auf vereinzelte anderweitige Querverweise (Stichwort „Acoustic Funeral“) ist von diesen Doom-Elementen zwar nichts mehr übrig geblieben, aber dennoch hauen Him hier immer noch beachtlich in die Saiten. „Metal raus, treibender Rock N Roll und unüberhörbare Depeche Mode-Einflüsse („In the Arms of Rain“) rein“ könnte man sagen. „Screamworks“ ist natürlich produktionstechnisch über jeden Zweifel erhaben, schmachtet quasi durchgehend ohne dabei jedoch musikalisch all zu sehr in Gefühlsduselei auszuarten und auch woher das Album seinen Namen hat wird schnell klar, schreit Ville Vallo seine Emotionen doch nicht selten regelrecht mitten ins Gesicht des Hörers („In Venere Veritas“, „Like Saint Valentine“). Klar war es eine positive Überraschung von Him vor etwa 3 Jahren ein astreines Metalalbum zu hören, aber wenn wir ehrlich sind, spielen die Finnen nur dann alle ihre Trümpfe aus, wenn sie uns nicht an ihren Metal-Wurzeln teilhaben lassen, sondern massentaugliche Ohrwürmer am Fließband abliefern. „Screamworks“ ist genau das, ein Album mit 13 potentiellen Singles, das dennoch genug Ecken und Kanten (oder nennen wir das Kind beim Namen und sagen Eier in der Hose?) hat, um nicht in all zu weinerliche Regionen abzudriften. Hieran wird die Konkurrenz erst mal wieder ordentlich zu knabbern haben.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 08.12.2010