Haudegen „Schlicht & Ergreifend“ / VÖ 27.05.2011


 

 

Nachdem wir Mitte des Jahres allerlei Songtexte über Mythen, Mystik und Fantasiekram vorgesetzt bekamen, kann es meiner Meinung nach nicht schaden, sich wieder der Musik zu widmen, die das Leben schreibt. Keiner geringeren Aufgabe haben sich die bisher als Solo-Rapper bekannten Hagen Stoll und Sven Gillert verschrieben. Rapper? Jetzt plötzlich Rocker? Ob das gut geht?

Klar trifft einen die Klischeeklatsche gleich wie die Faust auf’s Auge, wenn man sich die bandeigene Biografie durchliest. Kernaussagen wie „Kindheit im sozialen Brennpunkt“, „Marzahn-Hellersdorf“, „schwerer sozialer Hintergrund“ brennen sich ein, untermalen die Vergangenheit, die die beiden Berliner hinter sich haben, und man bekommt (beinahe zu) schnell den Eindruck vermittelt, es erwartet einen eine auf Deutschrock getrimmte Version von Sidos „Mein Block“. Erleichterung macht sich nach dem ersten Durchlauf breit, denn nichts dergleichen erwartet den Hörer auf dem Debüt, das in Form einer Doppel-CD daher kommt. Auf „Schlicht“ widmen sich die Beiden der von poppigen Songs und melodischen Rocknummern geprägten Schlagseite. „Ergreifend“ hat nichts dergleichen im Sinn, hier wird ordentlich auf das Gaspedal getreten. Haudegen kennen die Missstände – und sprechen diese lauthals an! Gerade Songs wie „So fühlt sich Leben an“, „Weiße Westen“ oder „Alles war besser“ verdeutlichen dies ungemein.

Dass es deutschsprachige Rockbands nicht leicht haben, bei mir Lob und positive Kritik zu ernten, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Ein Vergleich mit den Onkelz als wohl bekannteste Verfechter des Deutschrocks muss ich ehrlich gesagt gleich im Keim ersticken. Dafür treten die Berliner zu authentisch auf, um als Abklatsch abgetan zu werden. Aus Rapper können also folglich doch ernstzunehmende Rocker werden! Respekt!

 

Vanessa Voglwww.sounds2move.de