Halestorm „Reanimate: The Covers EP“ / VÖ 2011


 

 

In diesen unsteten Zeiten des Musikgeschäfts tut man als Künstler gut daran, die sich schon länger bietenden Möglichkeiten zu nutzen und direkt mit seinen Anhängern und „potentielle Kunden“ in Kontakt zu treten. Das haben auch die Rocker Halestorm erkannt, die mit „Reanimate“ eine EP mit sechs Coverversionen abgeliefert haben und diese jetzt ausschließlich über ihre Website zum Download anbieten (der Vollständigkeit halber: für $ 4,99).

Diese EP weiß sowohl in Sachen Songauswahl, als auch von der Umsetzung her derart zu überzeugen, dass sie auch eine physische Veröffentlichung unbestritten verdient hätte. Halestorm beweisen ein (fast) durchgehend goldenes Händchen bei der Zusammenstellung, wobei sie mit Sängerin Lzzy Hale auch einen nicht zu vernachlässigenden Joker in der Hinterhand haben. So fällt es dem Quartett leicht, einen homogenen Cocktail aus kraftvollen Balladen („All I wanna do is make love to you“, Heart) und furioser Riffpower („Slave to the Grind“, Skid Row) anzurühren. Dabei schafft man es sogar das Energie- und Testosteronlevel des Guns ´n´ Roses Über-Debüts „Appetite for Destruction“ zu erreichen: Den Kraftprotz „Out Ta Get Me“ röhrt Lzzy nämlich dermaßen markerschütternd, dass man sich fast fragen möchte, ob der Sängerin beim einsingen zwischenzeitlich Eier gewachsen sind. Womit wir geschickt die Kurve zu Lady Gaga kriegen, die auf dieser EP ebenfalls eine Lobhuldigung erfährt. „Bad Romance“ hat es den Protagonisten scheinbar angetan, was ich meinerseits wiederum von der Halestorm-Interpretation behaupten kann. Als wäre es schon immer ein groovender Rocker und kein Dance-Pop-Song gewesen, geben die Jungspunde den adaptierten Hit mit der Selbstverständlichkeit einer Eigenkomposition wieder. Doch damit nicht genug: Sogar das „Hunger Strike“-Cover (Temple of the Dog), von dem ich eigentlich jedem ob der Tatsache, dass die Originalversion von Goldkehlchen Chris Cornell stammt, abraten würde, weiß mit Gefühl und Kraft zu punkten. Deshalb kann auch verziehen werden, dass der Beatles-Kniefall „I want you (She’s so heavy)“ als Schlusslicht keinen weiteren Höhepunkt setzen kann. Die Umsetzung ist durchaus gut, aber wenn (Achtung – subjektive Meinung!) die Vorlage schon nicht der Oberbringer ist, kann in den wenigsten Fällen eine Neueinspielung die Kohlen aus dem Feuer holen. Trotzdem ist „Reanimate: The Covers EP“ jeden Cent wert, wobei Geizhälse auf der Bandhomepage (www.halestormrocks.com) auch Streams finden. Anfang des Jahres ist übrigens auch das Live-Album „Live in Philly“ hierzulande erschienen.

 

Markus Ruttenwww.sounds2move.de