Flyleaf "Between the Stars" / VÖ 31.10.2014

 

 

Quizfrage zum Auftakt: Woran erkennt man, dass einen ein Album auf dem falschen Fuß erwischt hat? Antwort: Wenn die bessere Hälfte rein schneit und nach 5 Sekunden fragt "Seit wann werden wir mit Avril Lavigne bemustert?!". So geschehen im Fall des neuen Flyleaf Albums "Between the Stars". Doch bevor wir der Band gleich jegliche Credibility absprechen, sollte man etwas genauer hin hören, denn ein erster Eindruck kann täuschen.

 

Kann, muss aber nicht. Und ein gewisser Hang zur poppigen Klebrigkeit lässt sich bei "Between the Stars" keinesfalls weg diskutieren. So fühlt man sich schon mal an eine rockige Variante von Taylor Swift erinnert, wobei zumindest für ein Rockpublikum der Name Paramore wohl schmeichelhafter wäre. Doch wir wollen nicht zu viel meckern, denn de facto haben die Flyleaf von 2014 ohnehin nicht mehr viel mit den Flyleaf von 2005 gemeinsam, die mit ihrem Selftitled-Debüt durchaus für Furore sorgen konnten. Seitdem ist viel passiert, nicht nur weil man 2012 mit Kirsten May eine neue Frontfrau installieren musste. So ist der Metal-Faktor im Sound der Texaner quasi gänzlich verschwunden (abgesehen von ein paar Screams bei "City Kids"), womit die Zeichen der Zeit bestätigen, dass eine rundum glückliche Band einfach andere Musik macht als eine, die eine psychisch angeschlagene Sängerin in ihren Reihen hat(te). Lacey Sturm ist mittlerweile nicht mehr in der Band und hat glücklicherweise zu sich selbst zurück gefunden - und zu Gott, was sie sich jüngst in ihrer Biografie von der Seele geschrieben hat, in der sie ihre schwere Kindheit, Depressionen, Sucht und den Glauben als Ausweg thematisiert. "Good for her" wie der Ami sagen würde, und auch Flyleaf haben mit ihrer neuen Frontdame ihr Glück gefunden. Nur zu verständlich, dass die Stimme auf dieser Platte folgerichtig ein kleines bisschen mehr im Rampenlicht zu stehen scheint als der restliche Sound. Beschwerden wird es darüber sicher keine geben, denn für die nicht-mehr-ganz-so-Neue ist es nach "New Horizons" (2012) bereits der zweite Langspieler mit den Jungs, die garantiert um den Glücksgriff wissen, den sie vor zwei Jahren getätigt haben. Da tritt man gerne einen Schritt zur Seite (ohne dabei sein tadelloses Licht unter den Scheffel zu stellen) und lässt den Dingen ihren Lauf, was sich in starken Ohrwürmern wie "Magnetic" oder "Sober Serenade" niederschlägt. Damit sind Flyleaf gerüstet für ihren Angriff auf die rockigen Radiostationen rund um den Globus, die den fünf Alternative Rockern ziemlich sicher alsbald aus der Hand fressen werden, die sich in Sachen songdienlichem Songwriting mal so gar keine Blöße geben. Der süffisante Avril-Vergleich von oben ist übrigens nicht gänzlich aus der Luft gegriffen, denn mit Don Gilmore (auch Linkin Park, Good Charlotte, Three Days Grace) saß hier wie da der gleiche chart-erprobte Produzent an den Reglern.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de