Flowing Tears „Thy Kingdome Gone“ / VÖ 14.11.2008

 

 

Wenn man an wirklich gutklassigen Gothic Metal aus Deutschland denkt, dann wird einem sicher direkt der Name Flowing Tears in den Sinn kommen. Die haben zwar kein ganz so großes und gut gestelltes Label mehr im Rücken wie in der Vergangenheit, aber trotzdem in qualitativer Hinsicht keinerlei Einbußen verkraften müssen. Zum Beweis hierfür sei ein Reinhören in das neue Album „Thy Kingdom Gone“ wärmstens empfohlen.

 

Mit ihrem achten Output legen die Herren und die Dame ein Album vor, das nicht nur als erstklassige Umsetzung der älteren Schule des Gothic Metal verstanden werden darf, sondern das auch auf bemerkenswerte Art und Weise auf Klischees verzichtet. Selbige bemühen viele junge Acts nämlich mittlerweile deutlich zu oft, während sich Flowing Tears glücklicherweise auf das konzentrieren was sie am besten können, nämlich packende Songs zu schreiben. So begeistert unter anderem „Words before you leave“ mit tollen Gitarrenharmonien und einem sehr schicken Eröffnungsriff, „Pain has taken over“ ist für Genreverhältnisse geradezu rockig, wohingegen „Rain of a Thousand Years“ schleppend und doomig voran marschiert. Große Theatralik versprüht das Pianolastige „Miss Fortune“, während „Colossal Shaped Despair“ und „For my Enemies“ deutlich machen, dass sich das markante Organ von Helen Vogt überaus variabel einsetzen lässt und ihre Fähigkeiten vor allem im stimmlich tieferen Bereich beachtlich sind. In Anbetracht des tollen Händchens der Flowing Tears was das Setzen von Höhepunkten und das Spiel mit den Geschwindigkeiten betrifft, wäre ein Gastbeitrag von Vorph (Samael, bei der Nummer „Thy Kingdom Gone“) eigentlich überflüssig gewesen, allerdings erweist sich dessen Hinzunahme als Volltreffer und wirklich perfekt gesetzter Akzent, den man aus diesen Gründen definitiv noch erwähnen sollte.

 

Eigentlich machen Flowing Tears auf „Thy Kindgom Gone“ so ziemlich alles richtig, was man richtig machen kann. Dramatik, Gefühl, Eindringlichkeit, Härte, Anmut – das neue Album hat einfach alles, was ich mir von einem wirklich guten Gothic / Dark Metal Album wünsche. Gewisse elektronische Spielereien, die es auf dem Vorgänger „Razorbliss“ noch zu hören gab, sind zwar wieder aus dem Sound verschwunden, hätten bei einem derart warmen und erdigen Album aber höchstwahrscheinlich sowieso deplatziert gewirkt. Unter Umständen hätte man sich 1-2 der vertretenen Nummern (nicht dass wirklich schlechtes Liedgut dabei wäre) für das nächste Langeisen aufsparen können, um den Aufmerksamkeitszeitraum des Hörers etwas weniger auszureizen. Nach vier Jahren Wartezeit seit dem letzten regulären Longplayer will ich mich über ein Schippchen mehr allerdings nicht beschweren. Wer so vorschnell war diese Band bereits abzuschreiben, wird spätestens jetzt – eigentlich aber schon seit dem großartigen „Invanity“-Akustikalbum im letzten Jahr – wieder mit dem Quartett rechnen müssen. Die Zielgruppe kommt an dieser Scheibe auf jeden Fall nur schwer vorbei.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 25.11.2008