Europe "War of Kings" / VÖ 06.03.2015

 

 

Zuletzt ließen Europe auf das epische Hit-Feuerwerk "Last Look at Eden" den (einen Tick zu) trockenen Hardrock von "Bag of Bones" folgen. Beide Scheiben klangen bewusst recht unterschiedlich, was die Frage aufwirft, wie sich "War of Kings" jetzt anstellen wird. Geht es in die eine oder die andere Richtung, oder wird ein Mittelweg gesucht? Probiert man gar noch mal etwas komplett anderes?

 

Von einer völlig neuen Ausrichtung kann zwar keine Rede sein, aber doch hebt sich "War of Kings" ein Stück weit vom zuvor Gehörten ab. Die Verweise zum Classic Rock, die schon der Vorgänger zu bieten hatte, bleiben bestehen und wurden noch deutlich mehr in den Mittelpunkt gerückt, sodass die Schweden ein durchweg klassisch klingendes Album präsentieren, das bis zur Hüfte im Rock der 70er Jahre steht. Entsprechend gibt es hier und da kleine Deep Purple-Momente zu hören, ebenso wie eine Prise Rainbow hier und dort. Erlaubt ist bei dieser gewählten Bandbreite natürlich auch mal eine Breitseite guter alter Blues ("Praise you"), selbstverständlich inklusive der obligatorischen Hammond Orgel, die auch an anderer Stelle den Spirit von Großmeister Jon Lord aufleben lässt. Alte Hasen wie Europe, die seit ihrer Rückkehr auch schon wieder elf Jahre im Geschäft sind, lassen sich dessen ungeachtet natürlich nicht einfach auf die Retro-Schiene festnageln, selbst wenn die orientalische Melodie in "Rainbow Bridge" wie direkt aus bereits erwähnter Dekade in die Gegenwart gebeamt scheint. Alte Männer trauern den guten alten Zeiten nach? Am Arsch die Waldfee! Wie zum Trotz rockt man sich durch "Hole in my Pocket", das mächtig Dampf auf dem Kessel hat oder präsentiert ein Groove-Monster vom Schlage eines "Children of the Mind". Der schweinecoole Midtempo-Rocker "Days of Rock ´n´ Roll" wäre auch auf dem Album einer jüngeren Truppe wie Audrey Horne eines der Highlights gewesen, während manche Stoner-inspirierten Jungspunde für einen Track wie das betörende "California 405" vermutlich ihre Oma versetzten würden. Ehrensache, dass zu solchen Songs vieles passt, aber sicher keine polierte Hochglanzproduktion. Dessen vollkommen bewusst, hat man im Studio auch mal Fünfe gerade sein und manche Unsauberkeit einfach laufen lassen, was hier und da in einem Dröhnen oder Knarzen resultiert, den Songs aber genau den richtigen klanglichen Rahmen bietet. "War of Kings" ist somit ein Trend-resistentes, aber dennoch Rocker-massentaugliches Album geworden, das sich keinerlei Blöße gibt und somit zu einem der großen Konsensalben unter Stromgitarrenfreunden in diesem Jahr werden wird. Gekonnt ist eben gekonnt.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de