Emancer - Twilight And Randomness / VÖ 17.06.2008

 

 

Es gibt nicht viele Bands, die ihr neues Album mit dem kompliziertesten, vertracktesten und variabelsten Song beginnen. Die Norweger von Emancer sind solch eine Kombo. Denn nach dem kurzen Intro "Randomness" fahren die Prog-Blackies auf ihrem neuen Album "Twilight And Randomness" im Opener "Dice Man" focussiert so ziemliche alle Facetten auf, die uns danach, allerdings breiter gefächert, noch weitere 55 Minuten begegnen und erfreuen werden. Groovender Black Metal wird geschickt mit Rock, Prog und atmosphärischen Passagen gekreuzt. Was jetzt wie Enslaved klingt, ist es nicht. Denn Emancer sind weniger im wabernden King Crimson-Sound verwurzelt, eher setzen diese Norweger trotz ihrer tollen Ausflüge mit Hammondorgel und Elektro-Instrumentalsequenzen auf eine dunkle Klammer aus kompaktem Black Metal mit kratzigem Gesang und riffenden Gitarren, welche transparent und sauber dargeboten werden.

 

"The Beast Attacks" tönt griffig, kompakt, heavy, schneller und erheblich direkter als sein Vorgänger (enthält auch ein wunderbares Atmosphärenbreak), aber genauso wirkungsvoll. Es ist eine Klassemischung, die diese Band darbietet. Windir, Immortal und die bereits genannten Enslaved fallen mir als Referenzen ein. Anhören und geil finden! Das erneut überlange "The Pointing Finger" hämmert zunächst moderner, beinahe thrashig, aber nicht lange, und die alte Schule bricht sich Bahn. Das beinahe Dire Straits-artige Break ist tollkühn, aber gelungen. Toll, was Mithrin, der Bandleader, und seine Gäste sich da ausgedacht haben! Es sind diese selten gewordenen Momente, die mich daran erinnern, dass Black Metal wirklich innovativ und dabei so gut sein kann.

 

"Comfort Fix" bietet uns anfangs einen rasenden Anflug von Dimmu, um dann in eine Bridge mit Klargesang überzugehen. Das Orgelsolo ist trefflich. Hammond und Black, einmalig! Auch ein lässig eingestreutes Old School-Riff nach Art älterer Slayer wertet den Track auf und gestaltet ihn farbiger, ebenso Elektrospielereien am Ende des Songs. Und das Beste: Alles passt zusammen. Inzwischen haben wir uns längst daran gewöhnt, dass solche Tracks über sieben Minuten lang sein müssen. Das Instrumental "Twilight" eröffnet mit Klavierklängen verhaltener, verhallter Natur. Intensive Töne führen akustisch durch die karge, herbstliche Landschaft. Aggressiv dann "Cunning Vital Guardian", der Kontrast könnte nicht größer sein. Der Refrain ist ganz groß. Der melodisch-harte, zupackende Chorus, diese quietschenden Gitarren zu nicht zu flächigen Keys, das berauschende gänsehauterzeugende Ende mit Hammondbegleitung und heroischen Klargesängen, Valfar (R.I.P.) wäre bestimmt begeistert.

 

Das interessante Wechselspiel von Elektro, Black Metal, hartem Riffing und Atmosphäre zieht sich bis zum letzten Song. "Moron" dreht das bunte, flirrende Karussell schneller, inklusive einem Brett von Break, Opeth-artigem akustischem Zwischenspiel und geilem Solo. "The Rewarding Schemes" bewegt sich in Nachbarschaft zu Borknagar, wenn selbige ihre ganze Aggression loswerden wollen; die eingestreuten Cleanvocals führen hin zu sanften Klängen. Die Gitarrensektion gibt alles nach Art alter Fates Warning, dennoch, auch Bergraven sind nicht weit. Traurig, wehmütig, majestätisch, auch gerade die progmetallische Auflösung! Das Finale "Winged Omniscience" überfällt uns mit prägnantem Chorus (ein Merciful Fate-Riff stiehlt sich behände in den Chorus), zieht nochmals alle Register bezüglich Licks, Hooks und Leads und fauchenden Vocals. Sorry für das lange Review, aber diese Musik verdient es, ausführlich besprochen zu werden. Für mich war es die am häufigsten gehörte Metal-CD des Jahres und somit das absolute Highlight 2008. Wird schwer zu toppen sein. Diejenigen, denen sowohl Windir, Immortal, Bergraven, Krohm, Borknagar, Enslaved als auch Fates Warnig, Merciful Fate und Deep Purple zusagen (und davon gibt es ja wohl einige), die müssen hier zuschlagen.

 

M.E. – www.sounds2move.de / 08.08.2008