Eisregen „Blutbahnen“ / VÖ 27.04.2007

Eisregen sind wieder da. Die sympathischen Thüringer veröffentlichen endlich ihr neues Album „Blutbahnen“. Geplagt vom Verlust der Geigerin 2T und dem lächerlichen Indizierungswahn haben sich Eisregen dennoch nicht vom Musizieren abbringen lassen. Und soviel sei gesagt: Textlich hauen Eisregen immer noch genau so auf die Glocke wie eh und je.  All in one haben Eisregen also zumindest erst einmal die Möglichkeit, ein vernünftiges Live-Konzert auf die Beine zu stellen. Genügend Songs gibt es ja wieder…

… und die können einiges. Allgemein wirkt „Blutbahnen“ wie eine Weiterentwicklung von „Hexenhaus“. Soll bedeuten: Viel Melodie, Eingängigkeit, recht kompakte Songstrukturen, Eisregentypischer Humor und die üblichen morbiden Texte. Eingebettet in einer gelungenen Produktion präsentieren uns Eisregen 10 neue Songs + einem Intro. Nach jenem recht symphonischen Intro gibt’s auch gleich den ersten Killersong: „Eisenkreuzkrieger“. Die Keyboardmelodien, Michael Roth´s angenehmes cleanes Organ, solides Mitteltempo und die clevere Struktur verleihen diesen Song unheimlich viel morbiden Charme. Es sind jene Melodien, die dem Song Ohrwurmcharakter verleihen. Macht sicherlich Spaß, den Text auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn zu singen…. „Dornenwall“ holt dann schon einmal zumindest Schlagzeugtechnisch den Vorschlaghammer raus. Eisregen können also auch noch etwas aufs Gas treten. Sehr beeindruckend, wie sich über dem Blastbeat sanfte Melodien legen. Auch dieser Song geht locker flockig ins Ohr, erreicht aber nicht das Niveau vom „Eisenkreuzkrieger“. Dennoch Respekt! Auf „Blutbahnen“ ist insgesamt auffällig, dass Eisregen mittlerweile auch mal ganz gern das Tempo rausnehmen – etwa beim Titeltrack. Schön kitschig kommt der Song rüber – Geigen gibt es übrigens auch noch. Sonst berufen sich Eisregen auch beim Titelsong auf ihre gängigen Stilistiken, mit der Ausnahme des Tempos. Und genau hier liegt in meinen Ohren das Problem. Zwar beweist erwähnter Titeltrack, dass Eisregen ein recht flexibles Songwriting an den Tag legen können, aber insgesamt vermisse ich etwas Power. Locker, flockig, einher plätschernd.  Zum Glück gibt es aber „Alphawolf“; für mich neben „Eisenkreuzkrieger“ der 2. Killersong auf diesem Werk. Das Teil könnte abgesehen vom Text locker im Radio laufen. Bittersüße Melodien erzeugen eine lieblich morbide Atmosphäre. Herrlich! „Schlachthausblues“ gesellt sich dann wieder rum zu den lahmeren Vertretern des Albums. Hier fehlt mir Power – und: Der Song ist mir zu lang. Eisregen Humor der lockeren Art darf natürlich auch nicht fehlen: Aufforderung zur Onanie in schlechten Situationen: „Schneuz den Kasper“. Ein plakatives, simples Lied mit kindischem Humor. Ich kann mir diesen Song sehr gut als Rausschmeißer auf einer Party vorstellen – alle singen mit und haben Spaß.

So, spätestens mit „Blutbahnen“ sollte endgültig klar sein, dass „KK“ und „Zerfall“ Vergangenheit sind. Die neuen Eisregen klingen deutlich weniger schwarzmetallisch, aber dafür umso mehr individuell. „Blutbahnen“ präsentiert Eisregen in jeder Form weiterentwickelt; von einigen wenigen Schwächen einmal abgesehen. Somit bin ich froh, dass sich Eisregen vom Trouble um die Band nicht haben beirren lassen. Sie verfolgen ihren Weg allen Unkenrufen zum Trotz weiter – und das ist gut so.

Christian Stiewe – www.sounds2move.de / 07.05.2007