Eisbrecher „Antikörper“ / VÖ: 20.10.2006

 

 

Die Plattenfirma der Band Eisbrecher scheint realistisch zu sein, spricht doch der Promotion-Beipackzettel des neuen Albums von „einem zielsicheren stilistischen Kurs und altbewährten, hart-treibenden Elektro-Grooves“. Wenigstens versuchen sie einem gar nicht erst weis zu machen, dass man die Neuerfindung des Rades in der Hand hält. Denn eines ist „Antikörper“, das Zweitwerk des Megaherz-Ablegers, bestimmt nicht: originell.

 

Musikalisch bewegt man sich in der Schnittmenge von Oomph! und Rammstein mit einer gehörigen Elektro-Schlagseite. Das gesangliche Spektrum von Alexx Wesselsky deckt dabei von tief und harmonisch über hymnisch bis hin zu böse (insbesondere bei der ersten Single „Leider“ drängt sich der Vergleich zu Till Lindemann regelrecht auf) alles ab, was das Genre benötigt. Auch die Lyrics scheinen aus dem Neue-Deutsche-Härte-Textbaukasten zu stammen. (z. B. „Hier kommt das Ende der Welt – wacht auf, ihr habt es selbst bestellt“ aus „Phosphor“ oder „Wir sind die schwarze Lust im Schoß der Einsamkeit – wir sind das letzte Licht vor der Unendlichkeit“ aus „Kinder der Nacht“) Wenigstens versucht man nicht krampfhaft, durch Provokation Aufsehen zu erregen.

 

So negativ wie sich diese Kritik bislang liest, ist das Album aber nicht. Wenn man diese Art Musik mag, wird man definitiv Spaß am „Antikörper“ haben. Einige Songs haben echtes Hitpotential. Etwa das zwar stark an die Ex-Chartstürmer aus Wolfburg erinnernde, dafür mit einem schönen Text versehende Liebeslied „Ohne Dich“, welches man nach dreimal hören nicht mehr aus dem Ohr bekommt. Auch die zweite Single-Auskopplung „Vergissmeinnicht“ kann einiges: ein düsterer Elektro-Rocker der Extraklasse, der mich an gute alte Sisters-of –Mercy-Zeiten erinnert. Unter dem Strich bleibt eine Scheibe, die zwar nichts Innovatives zu bieten hat, die man aber Genre-Fans vorbehaltlos empfehlen kann.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de / 12.10.2006