Einherjer “Av oss, for oss“ / VÖ 31.10.2014

 

 

Ziemlich genau drei Jahre nach ihrem Comeback-Album (dem zweiten Comeback um genau zu sein) „Norrøn“ legen Einherjer mit ihrem neuen Werk „Av oss, for oss“ nach. Ob die norwegische Viking Metal Legende mit dem Titel (zu Deutsch „Von uns, für uns“) ihres sechsten Longplayers in 20 Jahren betonen will, dass sie ihre Mucke in erster Linie für sich selbst macht und auf Kritikermeinungen nicht viel gibt, weiß ich nicht. Zumindest macht das neue Album dem Rezipienten den Einstieg deutlich leichter als der Vorgänger, der mit einem sperrigen Zwölfeinhalbminüter als Opener aufwartete. „Av oss, for oss“ dagegen startet mit einem genretauglichen, atmosphärischen Intro und einem Song, den man als absolut Einherjer-typisch deklarieren kann. „Hammer i Kors“ bietet ein klassisches Midtemporiff, den unvermeidlichen mehrstimmigen – wenn auch sehr kurzen – Chorus und einen atmosphärischen Mittelpart. Ganz anders kommt dagegen „Nidstong“ um die Ecke. Die Single-Auskopplung, zu der es auch einen Videoclip gibt, ist ein waschechter Black ´n´ Roll-Stampfer, den auch Loits oder die späten Satyricon nicht besser hinbekommen hätten. Insbesondere der gehauchte (weibliche?) Chorus sorgt für Wiedererkennungswert. Und ein Gitarrensolo gibt es obendrauf. „Hedensk Oppstandelse“ wird von einer schönen Gitarrenmelodie getragen, ist mit seinem (schon wieder) Midtemporiff aber sonst wenig aufregend. Nur der Schlusspart mit den die Gitarre kontrastierenden Chören reißt den Song über Mittelmaß. „Nord og Ner“ ist ein ruhiger Stampfer, der in der ersten Hälfte etwas langatmig wirkt. Nach dem melodischen Gitarrensolo in der Mitte und den einsetzenden Chören wird es aber besser. Und beim rhythmisch-treibenden Mittelpart denkt man insgeheim, gleich würde jemand um die Ecke kommen und „Warriors of the World“ brüllen... „Nornene“ kommt zwar auch aus dem Midtempo nicht heraus, nimmt einen aber mit einem packenden Arrangement und einem einprägsamen Chorus von Anfang an mit. Im letzten Drittel übernehmen die melodiösen Gitarren die Federführung und tragen den Song auf über siebeneinhalb Minuten. Sehr ruhig und atmosphärisch beginnt auch „Trelldom“ das dann aber völlig überraschend ein Hard Rock Riff aus dem Halfter zieht, um kurz darauf wieder in den Einher-Modus zurück zu fallen. Später gibt es noch eine Maiden-Gitarren-Melodie und das alles in nur gut vier Minuten. Sicher einer der abwechslungsreichsten und besten Songs des Albums. Der Rausschmeißer und Titeltrack ist dann ein Viking Metal Epos Bathory´schen Ausmaßes. Fast elf Minuten wird man mit auf die Reise genommen, die einen von Akustikparts und Chören über stampfende Riffs und gelungene Breaks bis hin zu Gitarrensoli und sphärischen Elementen führt.

 

Trotz einiger überraschender Elemente und ein paar Längen ist „Av oss, for oss“ für Einherjer-Fans keine Enttäuschung sondern ein Pflichtkauf. Und auch andere Viking-Metal Anhänger, die nicht unbedingt auf Gewaltausbrüche oder Schunkelparts angewiesen sind, werden mit dem Album ihre Freude haben. Denn obwohl diesmal auf schnelle Parts komplett verzichtet wurde und das ganze Album zwischen ruhig und Midtempo pendelt, gibt es eigentlich genug zu entdecken, dass einem nicht langweilig wird. Lediglich ein absoluter Ohrwurm wie „Balladen om Bifrost“ vom Vorgänger fehlt ein wenig. Aber das ist jammern auf hohem Niveau.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de