Draconian “Sovran“ / VÖ 30.10.2015

 

 

Zwischen Schwermut und Schwerfälligkeit ist es wohl nur ein kleiner Schritt. Bestes Beispiel hierfür sind Draconian, die schwedischen Meister des Gothic Doom Metals. Wie keine andere Band (außer vielleicht My Dying Bride) schaffen sie es, Verzweiflung und Schwermut in Perfektion zu vertonen. Andererseits hat man es in rund 20 Jahren Bandgeschichte gerade mal auf fünfeinhalb Alben gebracht. Das neueste trägt den interpretationswürdigen Namen „Sovran“. Möchte man damit andeuten, dass man – wenn man denn mal aus den Puschen kommt – souverän an der Spitze der Szene steht? Keine Ahnung, aber bei den eher bodenständigen Jungs aus Säffle eher unwahrscheinlich. Fakt ist aber, dass im Hause Draconian seit dem letzten Album „A Rose for the Apocalypse“ (2011) ein potentiell schwerwiegender Einschnitt stattgefunden hat. Mit Lisa Johansson hat die langjährige Sängerin (und optisches Aushängeschild) die Band verlassen. Doch man kann Entwarnung geben. Mit Heike Langhans hat man stimmlich mindestens gleichwertigen Ersatz gefunden (über die Bühnenpräsenz der Dame ist es müßig zu spekulieren, da die Touraktivitäten von Draconian eh gegen Null tendieren). Die Südafrikanerin mit deutschen Wurzeln war bislang in eher elektronisch geprägten Projekten aktiv, passt mit ihrer sanften, unaufgeregten Stimme aber perfekt ins Klangbild. Ähnlichkeiten zu ihrer Vorgängerin sind durchaus vorhanden. Man setzt also weiterhin auf den etablierten Kontrast zwischen einschmeichelnder weiblicher Stimme und den harschen Growls von Frontmann Anders Jacobsson.

 

 „Sovran“ bietet auch ohne Digipack-Bonustrack (der mir bislang nicht vorliegt) über eine Stunde Düsternis. Schon der Opener „Heavy lies the Crown“ zieht einen hinunter in die Untiefen skandinavischer Finsternis. Allerdings gibt dieser Track auch ein wenig die Marschroute des gesamten Albums vor. Man verharrt überwiegend in ruhigen Gefilden. Stücke, die mal ein wenig Tempo machen, die auf dem Vorgänger noch häufiger vertreten waren, sucht man hier mit der Lupe. Wenn, sind es einzelne Parts wie in dem herausragenden, mit Geigen getragenen „The wretched Tide“. Mit einem perfekt arrangierten Break durchbricht hier ein von Heikes Gesang dominierter Uptempo-Part ein paar mal die schleppende Tristesse. Der Auftakt von „Stellar Tombs“ verspricht ebenfalls ein wenig Fahrt aufzunehmen, doch schnell ist man auch hier auf dem Boden der Schwermut angekommen. Wenn man der Scheibe also einen Vorwurf machen kann, dann dass diese neun Stücke zwischen sechs und neun Minuten insgesamt vielleicht doch etwas zu sehr im gleichen Trott angesiedelt sind. Auch die Eingängigkeit hat man im Vergleich zum Vorgänger etwas gedrosselt. Zwar bleiben die „Refrains“ (ob man in diesem Zusammenhang überhaupt von Refrains sprechen sollte, weiß ich nicht) von „Dusk Mariner“ oder „The Marriage of Attaris“  im Ohr, aber ansonsten sind es eher die besonderen Momente, die diese Scheibe auszeichnen. Etwa der gesprochene Dialog zwischen Anders Jacobsson und Heike Langhans in „Dishearten“, der erneut mit einem Break zum Niederknien in einen schnelleren, melodischen Part mündet, in dem Heike Langhans stimmlich mal aus sich heraus geht (und fast ein wenig wie Sharon den Adel klingt). „Rivers between us“ kann mit einem Duett und zweistimmig klar gesungenen Parts aufwarten. Für den männlichen Teil zeigt sich Gastsänger Daniel Änghede von der englischen Alternative Rockband Crippled Black Phoenix verantwortlich. Im Großen und Ganzen bietet „Sovran“ Draconian-Stoff, wie ihn die Fans wohl erwarten konnten: ohne echte Schwachpunkte, aber auch ohne wirkliche Überraschungen. Ob man letzteres positiv oder negativ wertet, sei jedem selbst überlassen.

 

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de