Down „Diary of a Mad Band“ / VÖ 01.10.2010

 

 

Die Frage nach dem Warum ist durchaus berechtigt. Warum veröffentlichen Down nach vier Jahren den Tourfilm zu einem Album, welches längst einen Nachfolger hat und zu dem ebenfalls bereits ordentlich getourt wurde? Aufschluss geben schon die ersten Minuten von „Diary of a mad band“, wenn in knappen Sätzen über den Bildschirm flimmert, dass die Band damals ohne Label, Promotion und neues Album nach mehrjähriger Pause mehr oder weniger nach dem Kamikazeprinzip zu einer sechswöchigen Europatour aufgebrochen war, nachdem man sich erst kurz zuvor wiedervereinigt hatte. Dass es auch noch die allerersten Auftritte in Übersee überhaupt in der Geschichte von Down waren, macht die ganze Aktion nicht gerade rationaler.

 

Doch wer will schon vernünftige Menschen sehen, die nach kühlen Berechnungen und ausgeklügelten Strategien den einen großen Masterplan verfolgen? Ich will verdammt noch mal Rock N Roll, ich will Wahnsinn, Anarchie und Schweiß sehen! Und damit bin ich bei Phil Anselmo und Konsorten genau richtig, denn „Diary of a mad band“ (angelehnt an den Ozzy Albumtitel „Diary of a Mad Man“) ist genau das, was der Titel suggeriert. Es ist das audiovisuelle Tagebuch einer nicht alltäglichen Ansammlung von Musikern und Charakteren, die weniger ob ihrer bisweilen legendären Vergangenheit hier Beachtung finden, sondern weil sie sich einen Sound ausgesucht haben, der weder leicht verdaulich, noch für die breite Masse gemacht ist. Dass dennoch Massen Down zu lieben gelernt haben, zeigt diese DVD mehrfach und stößt damit auch all diejenigen geschäftsmännischen Superhirne in gläsernen Bürogebäuden vor den Kopf, die sich den Schädel darüber zermartern, wie man das nächste große Ding konstruieren kann, welche angesagten Sounds man vertreten und welchen optischen Reizen man entsprechen muss. Und Down? Down sind – bei aller Wertschätzung – keine feuchten Mädchenträume und liefern mit ihrem wabernden, schweren 70s Metal zudem auf den ersten Blick nur den Soundtrack für eine zu vernachlässigende musikalische Käuferrandgruppe – noch dazu ohne je so etwas wie einen klassischen Blockbuster oder Überhit geschrieben zu haben. Der Joker von Down im Allgemeinen, und „Diary of a mad band“ im Speziellen, ist ein Gut, dass man nicht künstlich generieren kann: Authentizität. Da macht es überhaupt nichts, dass die Bildqualität der Aufnahmen weit vom aktuell so klangvollen HD-Format entfernt liegt. Das Gezeigte ist echt, ungekünstelt und – so scheint es – ungefiltert. Da Songperlen wie „Lifer“ und „New Orleans is a dying Whore“ darüber hinaus nicht diskutabel sind, verdient dieses DVD/CD-Paket das Prädikat „wertvoll“.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 15.10.2010