Dornenreich "Freiheit" / VÖ 02.05.2014

 

 

Die Freiheit nehm' ich mir. Die österreichischen Querdenker Dornenreich könnten sich das Motto mit einer bekannten Kreditkartenfirma teilen. Konventionen? Schon immer ein Fremdwort für das Trio, das mal Black Metal spielt, mal auf Akustikpfaden wandelt und ein anderes Mal ohne jeden Gewissensbiss einfach dem puren Avantgardismus frönt. Dürfen die das?

 

Ja, dürfen sie. Genau genommen kann sich kaum eine andere Anti-Mainstream Band so viel erlauben und dabei trotzdem so erfolgreich sein. Das Publikum zeigte sich fürwahr seit jeher gönnerhaft, wenn es um die Visionen von Eviga geht. Die künstlerische Freiheit, die er sich stets nahm, räumten ihm die Zuhörer gerne und großzügig ein, immer in der Gewissheit, dass der hagere Frontmann schon wisse was er da tut. Dem ist nun auch bei "Freiheit" so, dem - wie man verlauten lässt - bis auf weiteres letzten Dornenreich-Album. Hier und da wird man live spielen, besondere Anlässe und Gelegenheiten nicht an sich vorüber ziehen lassen. Neue Musik soll es hingegen vorerst nicht mehr geben. Eviga will erst herausfinden wo er steht und wo er noch hin will, als Persönlichkeit und als Künstler. Irgendwelche Zweifel, schon gar nicht am eigenen Schaffen, sind auf "Freiheit" dennoch nicht auszumachen. Dornenreich sind mit sich im Reinen, und das hört man auch. Niemandem will man etwas beweisen, es niemandem außer sich selbst recht machen. Trotzdem ist "Freiheit" hin und wieder erstaunlich zugänglich, direkt der Opener "Im ersten aller Spiele" bleibt mit seiner immer mal wieder aufbegehrenden Akustikgitarre, der im Hintergrund leise für Akzente sorgenden Violine und dem manchmal kaum wahrnehmbaren, gehauchten Gesang überraschend schnell hängen. An anderer Stelle präsentiert man sich schroff und sperrig, die zuvor aufgebaute Harmonie, Wärme und zurückhaltende Erhabenheit der ersten Stücke etwa lässt man bei "Das Licht vertraut der Nacht" auf harte, aggressive Riff-Klippen auflaufen. Gerade wenn man es sich bequem gemacht hat im wohlig betörenden "Des Meeres Atmen", holen einen Dornenreich zurück in die Realität aus harschem Gesang und bedrohlichen Drums. "Aus Mut gewirkt" bricht dann endgültig mit allen Hörgewohnheiten und kombiniert die Wärme des (Neo-) Folk mit klirrendem Black Metal und sogar Flamenco-artigen (!) Gitarren. Zum Glück ist die Violine von Inve mit an Bord und hält das Gebilde zusammen und das Schiff auf Kurs. Gewissermaßen hat man das Auge der Orkans nun überstanden und schippert erleichtert dem Sonnenaufgang entgegen, der auch auf dem Cover von "Freiheit" zu sehen ist. "Traumestraum" und "Blume der Stille" jedenfalls geben dem Zuhörer die Wärme und Geborgenheit vom Anfang des Albums zurück, lassen ihn Träumen und in Gedanken schwelgen. Da ist es nur richtig, dass man beim finalen Kapitel dieses Albums auf Gesang und Text komplett verzichtet, stattdessen wirkt einfach die Musik, das aber nachhaltig. Dornenreich haben für ihr temporäres Abschiedsalbum noch einmal alle Stärken gebündelt und ihr Schaffen gewissermaßen zusammengefasst. Vielleicht hat man mit Dornenreich in ihrer bisherigen Form auf diese Weise auch ein Stück weit abgeschlossen - wer weiß das schon? Momentan vermutlich nicht einmal Eviga selbst, der sich nun seine Gedanken machen und irgendwann zurückkommen wird. Wie und womit steht in den Sternen, sicher ist nur, dass sich die Fans darauf schon jetzt freuen können.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de