Dornenreich „Flammentriebe“ / VÖ 11.02.2011

 

 

Rezensionen sind im Falle Dornenreichs immer eine schwierige Angelegenheit. Seit Ihrer ersten Demo aus dem Jahre 1997 („Mein Flügelschlag“) bringt es die Band nun auf immerhin 7 Alben, die eine beachtliche stilistische Bandbreite von melodischem Black Metal bis hin zu den akustischen Alben der letzten Zeit offenbaren. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass es Eviga und seinen jeweiligen anderen Mitgliedern immer wieder gelingt, trotz aller Entwicklungsfreudigkeit und Wandlungsfähigkeit ein Gefühl der Vertrautheit zu bewahren, denn Dornenreich sind auf jeder ihrer vielschichtigen Veröffentlichungen immer und immer wieder klar als Dornenreich erkennbar.

 

3 Jahre nach Veröffentlichung des letzten Albums „In Luft geritzt“ erscheint dieser Tage „Flammentriebe“. Im Vorfeld war vielfach zu hören, dass „Flammentriebe“ das letzte Dornenreich Album im metallischen Gewand sein könnte. Eviga hat sich für dieses Album erneut Gilvan ins Boot geholt, der unter anderem auch das gigantische „Her von welken Nächten“ eingetrommelt hat. Aus musikalischer Sicht knüpft „Flammentriebe“ durchaus an „Her von welken Nächten“ an, ohne ein Plagiat dessen zu sein. Überhaupt sollte man bei Dornenreich mit Vergleichen vorsichtig sein, besticht doch jedes Album durch seinen eigenen Charme – so auch hier. Während dieser 47 Minuten spielen Dornenreich einen aggressiven, dennoch melodieverliebten und wenig eingängigen düsteren Metal, der die ganze Aufmerksamkeit des Hörers fordert. Es sind zig Hördurchläufe notwendig, bevor sich die Lieder langsam aber unaufhaltsam entfalten. Allen voran „In Allem Weben“ und „Wolfpuls“ haben es mir angetan. Trotz aller Nichtvergleichbarkeit fühle ich mich beim skelettierten nackten Metalgewand von „Wolfpuls“ durchaus an die „Her von welken Nächten“-Schaffensphase erinnert. „In Allem Weben“ verinnerlicht alle wesentlichen stilistischen Merkmale, die aggressive Dornenreich ausmachen. Ein dickes Lob an Eviga, denn er setzt sein Organ sehr geschickt aber immer songdienlich ein und trägt somit maßgeblich zum Gelingen bei. Ein dickes Lob auch für das geschickte Einflechten akustischer Elemente in das schwermetallische Inferno. Die Verschmelzung aller vielschichtiger Merkmale und stilistischer Elemente gelingt herausragend gut, so dass „Flammentriebe“ sehr überzeugen kann.

 

Dennoch hätten Dornenreich für meinen Geschmack die Violine etwas gezielter und akzentuierter einsetzen können. Die Produktion ertönt insgesamt etwas zu kalt und steril; da die Kompositionen aber beeindruckend ausgefeilt, tiefsinnig und einfach nur gigantisch gut sind, fallen die beiden Kleinigkeiten nicht weiter ins Gewicht. Ich muss darüber hinaus gestehen, dass ich trotz allen künstlerischen Anspruchs kein sonderlich großer Freund der akustischeren Alben Dornenreichs bin, deshalb freue ich mich einerseits umso mehr, nun wieder ein metallisches Album in meinen Händen zu halten. Dass dies aber auch wiederum das letzte Album dieser Machart sein soll, stimmt mich schon etwas traurig. Losgelöst von alle dem ist „Flammentriebe“ einfach nur richtig gut und ich genieße es jedes Mal auf Neue, in diese faszinierende Klangwelt einzutauchen und dem Alltag zu entfliehen.

 

Christian Stiewe – www.sounds2move.de / 22.02.2011