Dissection „The Rebirth of Dissection“ DVD / VÖ 28.07.2006

 

 

Dissection Frontmann Jon Nödtveidt gehört zu den umstrittensten Persönlichkeiten der Metal-Szene. Grund dafür ist neben seiner teils sehr radikalen Ansicht (er ist u.a. bekennendes Mitglied des Misanthropisch-Luziferischen Ordens) auch die Tatsache, dass Nödtveidt 1997 wegen der Beihilfe zum Mord an einem Homosexuellen zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. 2004 wurde er auf Bewährung entlassen, woraufhin er seine Band Dissection (allerdings mit komplett neuem Line-Up) umgehend wiederbelebte. Am 30.10.2004 wurde dann in der Arena Stockholm auch offiziell die Wiedergeburt der Band gefeiert und zwar mit dem nun auf DVD erhältlichen „Rebirth of Dissection“-Konzert.

 

An diesem Abend zum Zuge kam auch das zum damaligen Zeitpunkt erste Material der Band nach der Haftentlassung ihres Frontmannes – die Single „Maha Kali“. Die weitere Playlist der DVD setzt sich natürlich aus Songs der beiden Klassiker der Band, „The Somberlain“ und „Storm of the light’s bane“ zusammen, die vom anwesenden Publikum an diesem für Dissection denkwürdigen Abend natürlich frenetisch gefeiert wurden. Auch aufgrund ihres zweifelhaften Rufs genießt die Band Kultstatus. Eine monströse Bühnenshow haben Nodtveidt und seine Mannen natürlich nicht aufgefahren, denn sie konnten sich sicher sein, dass Songs wie „Elisabeth Bathory“, „Where dead Angels lie“ oder „A Land Forlorn“ auch so ihre Wirkung nicht verfehlen. Entsprechend wird das Auge auf „Rebirth of Dissection“ nicht gerade mit optischen Reizen überflutet. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht natürlich der kreative Kopf der Band, der auf der Bühne als eine Mischung aus Vollblutmusiker, Charakterkopf und Psychopath daher kommt. Umso verwunderlicher ist da das knapp 25 Minuten lange Interview mit dem Mann, der normalerweise nur ungern über sich und seine Musik spricht, das für diese DVD geführt wurde. Und hier liegt für mich auch der interessanteste Teil dieses Datenträgers. Im Gespräch macht der als Extremist verschriene Musiker nämlich einen sehr nüchternen und gefassten Eindruck. Der Mann verfügt offensichtlich nicht nur über ein waches Paar Augen, sondern wählt auch seine Worte merklich mit Bedacht und gibt teils ausladende Erörterungen über sich, seine Vergangenheit und seine Band. Nödtveidt trägt nüchtern seine Ansichten vor und wirkt dabei nicht nur konzentriert, sondern in manch winzigem Moment gar auf gewisse Weise geläutert.

 

Um einen knappen, repräsentativen Überblick über das musikalische Schaffen von Dissection zu bekommen, reicht es, sich das knapp 90-minütige Konzert auf „Rebirth of Dissection“ anzuschauen. Allerdings kann man durch das erwähnte Interview auch tiefer in die Materie eintauchen und dabei einen ruhigen Jon Nödtveidt erleben, der abseits der Bühne mittlerweile weit von seinem deutlich extremeren Bühnen-Ich entfernt zu sein scheint. Konzerttechnisch ist diese DVD nicht schlecht, aber auch nicht wirklich etwas besonders. Den Ausschlag gibt hier der Blick hinter die Fassade der Band. Wer genau auf einen solchen Einblick gewartet hat, der hat jetzt die Gelegenheit dazu. Nebenbei eine willkommene Wiedergutmachung für das letzte (Abschieds-) Album „Reinchaos“, das nicht nur vom Death- / Black Metal früherer Tage übergangslos zu klassischem Heavy Metal gewechselt ist, sondern auch bei einem Großteil von Fans und Fachpresse durchgefallen ist.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de  / 18.07.2006