Dio "Finding the sacred Heart - Live in Philly 1986" / VÖ 24.05.2013

  

Die moderne Technik kann schon ein Segen sein. Etwa wenn wie im vorliegenden Fall ein bisher nur in gekürzter Fassung auf VHS (Lieber Kinder, das sind so große schwarze Kassetten - ungefähr so groß wie 3 Blu-ray Hüllen) zu habender Konzertmitschnitt aus dem Jahre 1986 wieder für ein breites Publikum zugänglich gemacht wird. Im Falle von "Finding the sacred Heart" ist das sogar doppelt zu begrüßen, denn es zeigt Ronnie James Dio auf dem vermeintlichen Höhepunkt seiner beachtlichen Karriere vor ausverkauftem Haus im Eishockeystadion der Philadelphia Flyers.

Es waren gute Zeiten für den kleinen Mann mit der großen Stimme, denn nach seinen Engagements bei Elf, Rainbow und Black Sabbath hatte sich Dio mit seiner Soloband frei geschwommen von Ego-Spielchen und konnte sich voll und ganz auf das konzentrieren was ihm am Herzen lag. Und das war, wie Dio uns im Featurette zur Tour (zu finden im Bonusteil) wissen lässt "eine Reise in die Zeit von Rittern, Drachen und Magie". Gelogen hat der Pommesgabelerfinder sicher nicht, noch nicht einmal übertrieben, denn was er seinerzeit auf die Bühne brachte, war nicht weniger als mächtig viel Theater im wortwörtlichen Sinne. Ein Spektakel genau genommen, samt Feuer spuckendem Drachen, Rittern und dem dazu passenden Bühnenbild einer Festung, ergänzt um eine gewaltige Lichtkonstruktion, krachende Pyros und sogar eine Lasershow, dem damals heißesten Scheiß auf dem Effektemarkt. Noch Jahre später schwärmte der Sänger von dieser Tour: "Wenn du einen Zirkus auf die Straße bringst, dann kommen die Fans auch. Sie sollten etwas geboten bekommen für ihr Geld, und wir haben ihnen gewissermaßen Disneyland für Metalfans in ihre Stadt gebracht. Die Konkurrenz war damals schon groß, und mit der Show und meinen Texte möchte ich den Fans eine Flucht aus dem Alltag und der Realität anbieten". Eine derartige Produktion bedeutete natürlich Schwerstarbeit für die Crew, die diesen monströsen Aufbau von Stadt zu Stadt schaffen musste. Vor dem Fernseher ist einem das allerdings reichlich egal, und man freut sich lieber über diesen digital etwas aufgehübschten Mitschnitt, der zudem erstmalig ungeschnitten erhältlich ist. Bild und Ton wurden dabei liebevoll und mit gebührendem Respekt vor der Originalvorlage modernisiert, ohne zu sehr auf Hochglanz zu bauen. Vor allem der Sound verdient ein zusätzliches Kompliment, denn "Finding the sacred Heart" klingt differenziert und druckvoll, ohne zu platt oder zu kalt zu wirken. In diesem Rahmen können sich "Don't talk to Strangers", "Rainbow in the Dark", "Hungry for Heaven" (erinnert in der vorliegenden Version irgendwie an Europe) oder das Medley "Rock´n´ Roll Children"/"Long live Rock´n ´ Roll"/"Man on the Silver Mountain" als das entfalten was sie unbestritten sind: Hymnen für die Ewigkeit, vorgetragen von einem der besten Metalsänger aller Zeiten und einer hochkarätig besetzten Band. Zusätzlich gibt es noch einen ordentlich bestückten Bonusteil mit unter anderem bereits erwähntem Werbespot zur Tour, einem zeitgenössischen Interview, welches im Rahmen der Tour aufgezeichnet wurde und einem weiteren Interview mit Ronnie James Dio und Craig Goldy, das deutlich jüngeren Datums ist.

Zwischen viel Entbehrlichem und Halbgarem, das seit dem Tod Dios aus allen möglichen Quellen erschienen ist, gehört "Finding the sacred Heart - Live in Phily 1986" ohne Zweifel zu den absoluten Pflichtkäufen. Noch im neueren Interview lässt der Frontmann die Gedanken schweifen und verrät, dass er, wenn sich die Gelegenheit bieten würde, gerne noch mal eine ähnlich aufwändige Tour wie 1985/86 spielen würde. Es ist ein Jammer für ihn und für uns, dass es dazu leider nicht mehr kommen wird.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de