Der Eremit "Kali" / VÖ 25.09.2006

Kindlein, Kindlein: Aufgepasst, ich hab euch da was Feines mitgebracht: Ein mächtig hämmerndes Industrial Album, das so richtig schön böse, subversiv und zutiefst zynisch daherkommt und auf den Namen "Kali" hört.

Die Schweizer Formation Der Eremit liefern mit "Kali" ein Album ab, das in seiner Grundessenz oft Erinnerungen an die alte "Rammstein" Schule wachruft. Soll heißen dass einem stampfende Elektrobeats, krachende Gitarren und provokante Texte entgegenschallen, die in ihrer Machart durchaus die "Sehnsucht" nach der guten alten Zeit wachrufen. Jedoch gehen im direkten Vergleich Der Gian und Dirk, die beiden kreativen Köpfe hinter Der Eremit, um eines sperriger und unkommerzieller zu Werke. So ist der Gesang von Der Gian (nein das "Der" ist kein Schreibfehler Anm. d. Redakteurs) eher "gestört" und in einer Art paranoider Zweispaltigkeit gehalten, die irgendwo zwischen Wahn und Wut einzuordnen ist. Die deutschen Songtexte stehen diesem in nichts nach, da sich bitterböser und menschenverachtender Zynismus mit schonungsloser Gesellschaftskritik vermischt. Von der Überschätzung des eigenen Seins (!Blumenkind"), Alkoholismus ("Stupor"), Gesellschaftlicher Ausgrenzung ("Störfaktor"), Amoklauf ("Dampfwalze"), die zunehmend verrohende und destruktive Jugend ("Wenn kaputt wir Spaß") bis hin zum Kindsmissbrauch ("Todeskuss") wird so manches brisante Thema aufgearbeitet. Dabei wird auf eine lyrische Umsetzung zurückgegriffen die zwar auf verschnörkelte Schönmalereien verzichtet, aber deswegen auch nie plakativ Primitiv ausfällt. Eher wird eine wohlüberlegte Balance zwischen extremer und nicht zu offensichtlicher Formulierungen gehalten, was den Songs nicht nur eine angenehme Doppeldeutigkeit verleiht, sondern dem Hörer auch ein langes Hörvergnügen beschert. Setzt man sich z.B. ein wenig intensiver mit dem Ohrwurmsong "Indoktrinator" auseinander dann wird man herausfinden, dass sich im Grund einiges mehr dahinter verbirgt, auch wenn sich vordergründig alles um ein homosexuelles Thema inkl. Analpenetration dreht. Und genau darum handelt es sich bei "Kali" um so ein starkes Album, da man als Hörer zum nachdenken und interpretieren aufgefordert wird.

Der Eremit bieten mit "Kali" durchaus keine leichte Kost dar, auch wenn sich die Songs oft als Ohrwurm in den Gehörgängen festsetzen. Vielmehr handelt es sich bei "Kali" um ein intelligentes und herausforderndes Album, das dem geneigten Hörer einiges an selbstständigem Denken abverlangt. Ich für meinen Teil bin von diesem Album durch und durch angetan und darum wird "Kali" noch lange seine Runden in meinem CD-Player ziehen.

Nando Rohner – www.sounds2move.de 12.10.2006