Daily Terroristen „Tritt in den Arsch“ / VÖ 08.02.2008

 

 

Eine unvoreingenommene Rezension zum vorliegenden Album zu schreiben, ist für mich eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Zu viel bedeutet mir die Musik der Braunschweiger Punk-Legende Daily Terror, die mich quasi von Kindesbeinen an begleitet hat. Ohne die Sauf- und Anarcho-Hymnen einerseits und die Depri-Meisterwerke andererseits hätte ich meine Pubertät wahrscheinlich nicht schadlos überstanden. Zugegeben, in den letzten zwei Jahrzehnten der nun fast dreißigjährigen Bandgeschichte gab es auf den nur sehr sporadisch erscheinenden Veröffentlichungen mehr Schatten als Licht zu vermelden, und Bandchef Pedder machte live ein ums andere Mal keinen besonders gesunden Eindruck. Dennoch waren Daily Terror für mich immer etwas ganz besonderes, und das manifestierte sich zu einem Großteil an der Person des kultigen Frontmannes.

 

Nun muss es vor zwei Jahren innerhalb der Band einen Riesenkrach gegeben haben, der zur Trennung zwischen dem Sänger und den langjährigen Bandmitstreitern, die allerdings bei weitem keine Gründungsmitglieder waren, führte. Während Pedder mit neuen Musikern weiterhin Daily Terror am Leben hält, versuchen auch die vier Abtrünnigen Lutz, Bratze, Coby und Uwe weiterhin von dem altbekannten Namen zu profitieren und veröffentlichen nun als Daily Terroristen ihr erstes Album. Mit 15 zumeist aggressiven Punkrocknummern wollen sie dem Hörer den sprichwörtlichen „Tritt in den Arsch“ versetzen. In vielen Fällen gelingt dies der Band auch. Neben dem forschen Opener und Titeltrack „Tritt in den Arsch“, der auch von den Böhsen Onkelz hätte stammen können, wird das Album hauptsächlich von typischen Deutsch-Punk-Mitgröhl-Songs geprägt – etwa das „Mailied“, „Ich will Euch fliegen sehen“ oder „Terroristen“. Selten werden auch ruhigere Töne angestimmt („Der Himmel weint“ oder „Wo bist Du“). Dass sich technisch alles auf einer solider Basis bewegt, muss man bei so erfahrenen Musikern erwarten. Und dass man sich so manches Mal an die letzten Werke von Daily Terror erinnert fühlt, dürfte auch keinen überraschen. Sänger Uwe tendiert in seinem Stil in den härteren Passagen in Richtung Dritte Wahl, überzeugt aber zumeist mit seinem ganz eigenen charismatischen Gesangsstil. Die Texte wollen dagegen nicht so recht in ein homogenes Gesamtkonzept passen. Kommen z. B. in „Gott vergibt“ noch gute alte Deutschpunkstereotypen zum Zitat, die schon vor unzähligen Jahren von Slime und sogar noch früher von Ton Steine Scherben herauf beschworen wurden („Fühlt Euch da oben nicht so sicher denn wir werden ständig mehr“), so widerspricht man sich einen Song später mit der selbstreflexiven  „Kleinen Revolution“ („Was als großer Strom begann ist versickert irgendwann, schließlich war´n wir ganz allein in unserem Turm aus Elfenbein“).Wenig authentisch wirken auf mich auch Texte, in denen gestandene Männer (ich vermute, keiner der Vier dürfte unter 40 sein), den Aso-Punk heraus hängen lassen („Ihr schuftet Euch krumm – Ihr arbeitet Euch krank. Ich tue nichts, ich lebe jetzt – ja ich bin Punk“).

 

Unter dem Strich bleibt aber ein durchaus hörbares Deutsch-Punk-Album, dass einige Ohrwürmer und Gassenhauer parat hat, das mir aber sicher noch besser gefallen hätte, wäre es unter einem weniger anbiedernden Bandnamen veröffentlicht worden.

 

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de / 30.01.2008