Clutch "Psychic Warfare" / VÖ 02.10.2015

 

 

 

Wenn Clutch eines sind, dann authentisch. Seit mittlerweile 24 Jahren spielen die Amis ihren trendresistenten Stiefel runter und stehen damals wie heute für große Qualität abseits des Rock-Mainstreams, aber doch bekannt genug, um eine amtliche Anhängerschaft hinter sich zu wissen. "Psychic Warfare" ist Album Nr. 11 und punktet neben den gängigen Stärken vor allem mit seiner Vielseitigkeit.

 

Im Falle von Clutch darf man "ohne jegliche Trends" keinesfalls mit "retro" verwechseln, denn diese schon längst wieder tot gerittene Sau hat das Quartett nie gesattelt. Stattdessen klingt man in erster Linie uramerikanisch, erdig und hatte über die Jahre stets das Bedürfnis, die eigenen Grenzen auszuloten und auch mal ein wenig zu experimentieren. Auch deshalb weiß man heute gar nicht mehr so genau, ob Clutch nun Stoner Rock, Sludge, Psychedelic oder doch irgendwie schnöden Hardrock spielen. Einen Unterschied macht das alles nicht und irgendwie haben alle ein bisschen Recht, die eine der genannten Schubladen verwenden, um das Quartett bzw. dessen Stil greifbarer zu machen. Hinzu kommt außerdem ein Hang zum Blues und sogar eine Prise Funk, vor allem aber hat man sich seine Fans wohl vor allem mit den meterdicken Riffs erspielt, die mit überaus satten Grooves Hand in Hand gehen. Wie geil diese Kombination klingen kann, konnte man unter anderem während der zurückliegenden Festivalsaison hören, wo Clutch bereits "X-Ray Visions" als Vorgeschmack im Set hatten. Nicht weniger schnell schaffen es "Firebird" und "A quick Death in Texas" ins Langzeitgedächtnis, womit "Psychic Warfare" bei vielen Hörern schon in den ersten 15 Minuten gewonnen haben dürfte. Was allerdings kein Grund ist, die Platte wieder aus dem Player zu werfen, denn das hier ist nicht bloß ein "passt schon"-Scheibchen, sondern in der Tat eine der besten Platten des Spätsommers, vielleicht sogar der gesamten zweiten Jahreshälfte. Verantwortlich dafür ist nicht nur die eine oder andere satte Riff-Ohrfeige, sondern auch das, was vermeintlich ein bisschen abseits des eigentlichen Weges passiert. Das kurze Instrumental "Doom Saloon" etwa, das genau so klingt wie es der Titel vermuten lässt und das einen in der Hitze flirrenden Highway vor dem geistigen Auge erscheinen lässt, gleichzeitig aber auch als Ouvertüre zum sich direkt anschließenden "Our Lady of Electric Light" fungiert. Diese Halbballade ist sicherlich irgendwie ein stilistischer Ausreißer, funktioniert aber trotzdem ganz hervorragend und weiß gekonnt eine stimmungsvolle Western/Wüstenatmosphäre aufzubauen. "Noble Savage" setzt da andere Prioritäten, denn hier hat - bewusst oder nicht - wohl die Tour vor einigen Jahren mit Volbeat ihre Spuren hinterlassen. Oder handelt es sich um einen versteckten Gruß an die Kollegen, wenn Neil Fallon und Co. ein Mini-Segment von "Sad Man's Tongue" anreißen (das Michael Poulsen selbst bekanntlich bei Johnny Cashs "Folsom Prison Blues" abgekupfert hat, woraus er allerdings nie einen Hehl gemacht hat)? Wie Clutch dem ganzen dann noch eine ordentliche Prise Motörhead untermischen klingt auf dem Papier erst mal simpel, entpuppt sich aber als genialer Kniff. Nicht weniger gut sind "Behold the Colossus" und "Sucker for the Witch", die ebenfalls zum sehr guten Gesamteindruck beitragen. So schafft es auch "Psychic Warfare" wie schon die meisten seiner Vorgänger auf seine ganz eigene Art zeitlos zu klingen und ohne jede Effekthascherei einfach mal mächtig Eindruck zu schinden.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de