Chris Cornell „Carry On“ / VÖ 29.06.2007

 

 

Die Botschaft, dass Sänger Chris Cornell Audioslave verlassen hatte, traf viele Fans überraschend, einige hatten hingegen schon länger über diese Option spekuliert. Die Gründe dafür waren vor allem musikalischer Natur, was man dem jetzt erscheinenden zweiten Soloalbum des ehemaligen Soundgarden-Frontmannes deutlich anhört.

 

Natürlich kann man nicht ausnahmslos jedem Song auf „Carry on“ attestieren meilenweit von Audioslave entfernt zu sein, dafür hat der Audidakt zu viele seiner bekannten Trademarks und Einflüsse in sein Schaffen als Einzelkünstler mitgenommen. Dennoch hätte man ein Stück wie die erdige Ballade „Disappearing Act“ eher nicht auf einem Album seiner ehemaligen Band zu hören bekommen. Und auch wenn die frühere Grunge-Ikone mittlerweile einen schnuckeligen Kurzhaarschnitt und stets geschmackvolle Outfits trägt und ein eher ruhiges Album angekündigt hat, zeigt Cornell mit Songs wie dem energischen Rocker „No such Thing“, dass er dem schweißtreibenden Rock keinesfalls abgeschworen hat. Gleiches gilt für den kürzlich als Single erschienenen James Bond Titelsong „You know my Name“, der rein musikalisch streckenweise auch aus der Feder von Garbage stammen könnte, durch die gleichermaßen warme wie mit rauen Akzenten versetze Stimme Cornells allerdings mehr als deutlich die Handschrift des mittlerweile 42-jährigen trägt und kurz mit einem Wort beschrieben werden kann: Hit. Mit ganz offensichtlichen Gassenhauern war es das dann überraschenderweise auch schon, was die anderen Kompositionen auf „Carry on“ keinesfalls in ein falsches oder gar schlechtes Licht rücken soll. Viel mehr hört man an allen Ecken und Enden, dass der Wahl-Pariser ein rundum ehrliches und erwachsenes Rockalbum aufgenommen hat, dass auch ohne allzu offensichtliche Anbiederungen oder Spekulationen auf Dauerrotation im Radio auskommt und dabei einen Künstler portraitiert, der schlicht ungezwungen komponiert hat. Dabei herausgekommen sind Stücke wie der funkige Alternative-Rocker „Poison Eye“, das verspielt-schwelgerische „Killing Birds“,das bluesige „Safe and Sound“, bei dem der Vater von drei Kindern viel Soul in seine Stimme legt oder aber die sehr introvertierte und zurückhaltende Michael Jackson Verbeugung „Billy Jean“.

 

Natürlich ist Multiinstrumentalist Cornell klar, dass sich der Großteil seiner Fans aus Anhängern früherer Kombos rekrutiert. Doch auch wenn der Charakterkopf seine Direktive verändert hat, weiß unser Protagonist, was er seinen Fans schuldig ist. Und diese werden garantiert auch zukünftig immer wieder in den Genuss von Hits wie „Black Hole Sun“ (Soundgarden) oder „Doesn’t remind Me“ (Audioslave) kommen, nämlich dann, wenn Cornell sich live-haftig die Ehre gibt. Und genau dort werden auch die Songs von „Carry on“ am besten funktionieren –Gänsehaut inklusive.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 27.06.2007