Carnivore “Retaliation“ Re-Release / VÖ 04.07.2008

 

 

Herrschten Gewalt, Sex und Tod auf dem Carnivore-Debüt noch in einer postapokalyptischen Fantasiewelt, geht es auf dem zwei Jahre später erschienen Nachfolger „Retaliation“ deutlich realer zur Sache. Ein Umstand, der für einige Kontroversen sorgte und der den Grundstein dafür legte, dass Peter Steele noch jahrelang in Deutschland der Ruf anhaftete, ein Nazi zu sein. Für Aufregung sorgten vor allem die Songs „Race War“ und „Jesus Hitler“. In ersterem beschreibt Steele die gewaltsamen Konfrontationen von Bevölkerungsteilen verschiedener Herkunft. Er bezieht dabei keine Position, doch kann man den Song durchaus als Abgesang auf die multikulturelle Gesellschaft interpretieren. „Jesus Hitler“ wurde dagegen vielfach als Glorifizierung Hitlers missverstanden, jedoch macht sich Steele in dem Song allenfalls über die Parallelen zwischen Nationalsozialismus und Christentum lustig. Viel problematischer als diese beiden Songs sehe ich die Texte von „U.S.A. for U.S.A.“, in dem Steele den typischen Redneck-Patrioten raushängen lässt (Hätte George W. Bush ein wenig Musikgeschmack, wäre dieser Song ganz bestimmt seine Hymne im Kampf gegen den Terrorismus geworden), oder „Technophobia“ mit seiner blinden Fortschrittsgläubigkeit.

 

Musikalisch geht es auf „Retaliation“ wesentlich härter und auch Hardcore-lastiger zur Sache. Steeles Gesang klingt noch brutaler allerdings unverfremdet und daher realer. Kompositorisch sind Songs wie „Race War“, „Jesus Hitler“, Inner Conflict oder „Sex and Violence“ über jeden Zweifel erhaben. Und verbunden mit den wirklich intelligent formulierten ausdrucksstarken Texten bilden sie eine durchschlagkräftige Einheit. Ob man aufgrund der zweifelhaften Botschaften, die hier vermittelt werden, lieber die Finger von der Scheibe lässt, sollte jeder für sich entscheiden. Man kann sie aber auch als Zeitdokument eines aggressiven jungen, jedoch inzwischen geläuterten Künstlers sehen.

Ebenso wie „Carnivore“ wird „Retaliation“ in einer 2000er Auflage als Digi zum dritten Mal re-released. Als Bonus gibt es das erste Carnivore-Demo zu hören, welches u.a. den unveröffentlichten Song  „The Subhuman“ (hat nichts mit dem Type O Negative Song „Der Untermensch“ zu tun) beinhaltet. Allerdings hat der Track völlig zu Recht nicht den Weg auf das Debüt der Band geschafft, ist der 11-minütige Mammut-Song doch sehr schlicht und eintönig gehalten. Das Booklet präsentiert neben den Texten und dem bekannten Nachruftext auch einige schöne Bilder.

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de / 14.07.2008