Bring me the Horizon "That's the Spirit" / VÖ 11.09.2015

 

 

 

Große Reden schwingt Oli Sykes von Bring me the Horizon sehr ungern. In Interviews präsentiert er sich vornehmlich mundfaul, er rechtfertigt sich ungern und lässt lieber seine Musik sprechen - nicht quatschen, sondern machen. Dabei ist es nicht so, dass Sykes zwingend jemand wäre, der besser den Mund halten sollte, denn auch auf "That's the Spirit" liefert er wieder haufenweise intelligente Texte ab, die ihn als durchaus cleveren Zeitgenossen mit großem Talent präsentieren.

 

Dass er ein mindestens genauso guter Sänger ist, wird auf dem mittlerweile fünften Album noch deutlicher als auf dem bereits sehr vielschichtigen Vorgänger "Sempiternal". Zwar sind die heiseren Screams keineswegs verschwunden, aber trotzdem liegt der Schwerpunkt diesmal noch mehr auf dem Klargesang, bei dem sich der Engländer ebenfalls keinerlei Mittelmäßigkeiten erlaubt. Eine Entwicklung, die sehr gut nachvollziehbar ist, denn die "Screams & Breakdowns"-Schiene hatte man zwischenzeitlich einfach ausgereizt. Aber wo andere Bands die Kurve häufig nicht bekommen und Angst vor der eigenen Courage, aber auch den Reaktionen haben, heben Bring me the Horizon nur kurz den Mittelfinger und hauen dann einen Brecher wie "That's the Spirit" raus. Da man mit Jordan Fish mittlerweile einen Experten für Keyboards und Electronika ins Boot geholt hat (der diese Scheibe auch mit Frontmann Sykes produziert hat), ist es nicht weiter verwunderlich, dass auf diesem Album verstärkt auf perfekt in die Songs integrierte Beats gesetzt wird ("Throne", "Run"). Hinzu kommt noch mehr Mut bei der Umsetzung des Gesangs, sodass man es sich sogar leisten kann, den Chorus von "Doomed" lieblich ins Mikrofon zu flöten und mit "Follow you" eine sehr poppige Ballade abzuliefern. Machen sich Bring me the Horizon damit kommerziell überaus verwertbar? Garantiert sogar. In erster Linie jedoch ist durch diese runter gerissenen Scheuklappen ein Album entstanden, dessen Hitdichte bei 100 Prozent liegt und das den Sheffield Fünfer auf seinem bisherigen songschreiberischen Zenit einfängt. Wer jetzt Angst davor hat, es mit einer etwas härteren Version von Thirty Seconds to Mars zu tun zu bekommen, der kann beruhigt werden, denn auch auf die eine oder andere schallende Backpfeife wurde nicht verzichtet. So ist zum Beispiel "Happy Song" mit seinem zynischen Text und den Cheerleadern aus der Vorhölle durchaus Pit-kompatibel. "True Friends" zeigt ebenfalls Kante, rockt intensiv und hat sich für seinen unwiderstehlichen Chorus zudem das schöne Oscar Wilde-Zitat "True Friends stab you in the Front" ausgeliehen. Vielseitigkeit ist eben Trumpf und damit einher geht auch eine ganze Palette an Stimmungen, die "That's the Spirit" spielerisch unter einen Hut zu bekommen im Stande ist. Da ist im abschließenden "Oh no" sogar noch Platz für ein kleines, verstecktes Saxophonsolo (!), welches diese Platte keinesfalls weniger schlüssig erscheinen lässt.

 

Für mich gehen Bring me the Horizon den einzig richtigen Weg: Da sie eh seit jeher polarisieren und von manchen Zeitgenossen passioniert gehasst werden, konzentrieren sie sich einfach auf sich selbst in der Gewissheit, dass es ohnehin immer Gemecker geben wird. Haters gonna hate, alle anderen sollten sich diesen mutigen und kreativen Leckerbissen nicht durch die Lappen gehen lassen!

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de