Bon Jovi „Lost Highway“ / VÖ 08.06.2007

 

 

Ach ja, als Bon Jovi Fan hat man es in den vergangenen Jahren nicht immer einfach gehabt. Viele der bekannten Singleauskopplungen der letzten Alben waren entweder aufgewärmte Ideen früherer Glanztaten oder pseudo-partytaugliche Tralala-Nummern („It’s my Life“ – das vertonte Grauen), ohne jede Substanz. Nun steht mit „Lost Highway“ das zehnte Studioalbum des Jersey-Vierers in den Läden und den geneigten Fan bewegten im Vorfeld unterschiedlichste Frage. Von dem Gedanken, dass die Band ihre radiotauglichen Pfade verlassen und zurück zu Alben wie dem Kultwerk „Slippery When Wet“ kehren würde, kann natürlich keine Rede sein, denn diese Tage gehören der Vergangenheit an. Vielmehr verspürte man eine gewisse Angst wieder Dorf-Disko-Gassenhauer der Marke „Have a nice Day“ vorgesetzt zu bekommen.

 

Doch siehe da: „Lost Highway“ macht einen erfreulich weiten Bogen um Plattitüden dieser Art – Halleluja! Anstelle dessen hat man 13 wirklich gute Rocksongs abgeliefert, unter denen sich natürlich auch die obligatorischen Balladen tummeln (etwa die erste Single „(You want to) Make a Memory“), wobei die gesamte Platte aber über weite Strecken von einem unbeschwerten, bluesigen Vibe gekennzeichnet ist. So gibt schon der Titeltrack die gelöste Atmosphäre des gesamten Albums vor, das auch vor Verweisen in Richtung Southern Rock und Country nicht zurückschreckt. „Any other Day“ erinnert an Jons letzten Soloausflug „Destination Anywhere“, während bei anderen Stücken die letzten Soloarbeiten von Gitarrist Richie Sambora grüßen. Womit wir auch schon beim kreativen Duo der Band wären, das bereits eine beeindruckende Liste an Singlehits und versteckten Hits (etwa „Something to believe in“ von „These Days“) produziert hat. Die Band scheint sich vom Zwang einen Partyhit abliefern zu müssen befreit zu haben, was sich positiv auf das neue Album ausgewirkt hat. Statt einer sterilen Scheibe wie dem 2000er Totalausfall „Crush“ hat man ein Album mit Herz und Hirn aufgenommen, das auch ohne Stadionrock seine großen Momente hat, etwa die Herzschmerzballade „Till we ain’t Stangers anymore“, bei der sich Frauenschwarm Jon ein Duett mit der Countrysängerin Leann Rimes liefert und Richie Sambora endlich mal wieder mit einem gefühlvollen Solo brillieren darf. Nebenbei können wir dabei auch einmal mehr feststellen, dass es nur einer Hand voll Männern vergönnt ist Frauenherzen mit Ansagen der Marke „Let’s make love baby, till we ain’t Strangers anymore“ zum schmelzen und nicht zum Ausführen einer gezielten rechten Geraden zu verführen. Statt Futter fürs Hausfrauenradio hat man mit „Lost Highway“ den perfekten Longplayer für den Sommer und / oder einsame Autofahrten abgeliefert, ohne dabei allzu banal daher zu kommen. Allein für letzteres ein dickes Dankeschön!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 12.06.2007