Blind Guardian „Fly“ – Plattenkritik / VÖ 24.02.2006

Ich gebe es zu, ihr könnt mich dafür steinigen, mich vierteilen oder mich zwingen Tokyo Hotel zu hören, aber das letzte Studioalbum von Blind Guardian hat mich ganz und gar nicht überzeugt. Zwar waren ein paar solide Songs drauf, die vor allem Live ihre stärken entfalteten, aber die Produktion war schwammig und der Gesamteindruck eher halbgar. Von daher war ich umso überraschter, als ich mir die neue Single „Fly“ zu Gemüte führte. Denn soviel sei schon jetzt verraten, dass die blinden Wächter zurück sind und das stärker, aber auch ungewohnter als je zuvor.

Was Hansi Kürsch und seinen Mannen mit „Fly“ gelungen ist, dass hätte ich ihnen so nie zugetraut. Denn Blind Guardian vermischen bei diesem Song ihre altbekannten Stärken mit modernen und progressiven Elementen, und formen daraus ein homogenes ganzes. So fängt der Song zwar sperrig und ein wenig verschachtelt an, steigert sich aber spätestens beim Refrain zu einem Ohrwurm von königlicher Güteklasse. Und so möchte man sich „Fly“ immer und immer wieder anhören, wobei einem der Song auch nach mehrmaligem Hörgenuss noch neue Nuancen offenbart, die man so vorher gar nicht bemerkt hat. Dabei stellt man sich die Frage, ob das kommende Album durchgehend mit solchen Songperlen bestückt sein wird. Denn wenn das der Fall sein sollte, dann kann man sich wohl schon jetzt auf DAS Album 2006 gefasst machen, sich auf einen modernen Klassiker freuen. Doch Stopp, die Single ist ja noch gar nicht zu ende und nach „Fly“, kommen noch zwei weitere Songs. Und auch jene können sich durchaus hören lassen, auch wenn sie natürlich nicht an die Klasse von „Fly“ herankommen. Da wäre zum einen das träumerische und bombastische „Skalds and Shadows“, dass ein wenig auf den Pfaden von „The Bards Song“ wandelt und dabei einen sehr eindrücklichen Eindruck hinterlässt. Aber auch die Coverversion des Iron Butterfly Klassikers „In A Gadda Da Vida“ vermag zu gefallen, wobei das Ganze natürlich in typischer Blind Guardian Manier zum Besten gegeben wird.

Mit „Fly“ haben sich Blind Guardian einer Frischzellenkur unterzogen, die der Band hörbar gut getan hat und somit mächtig Bock auf das macht, was da noch kommen mag. Somit geht kauft euch diese Single, hört den neuen Sound von Blind Guardian und auch ihr, werdet nicht mehr genug davon bekommen können.

Nando Rohner - www.sounds2move.de / 04.03.2006