Beth Hart „Fire on the Floor“ / VÖ 14.10.2016



Pop, Rock, Blues, Jazz - Beth Hart hat in ihrer bisherigen Karriere schon so einige Genres bedient, in den letzten Jahren hat sie es sich zusehends im Blues bequem gemacht. Eine Einschätzung, die der Auftakt des aktuellen Longplayers „Fire on the Floor“ durchaus bestätigt, selbst wenn der erste Song „Jazz Man“ heißt.

Dabei treffen allein schon bei den Parametern ihres Sounds Genres aufeinander: Hier die wilde Janis Joplin Gedächtnis-Röhre, da das gefühlvolle, warme Piano und dazwischen alles was gefällt, jedoch mit der Einschränkung, dass die wilden Rock ´n´ Roll-Ausflüge früherer Alben („Sick“, „Face Forward“, „Broken & Ugly“) mittlerweile endgültig der Vergangenheit angehören. Was extrem schade ist, denn mit diesen Songs hatte Beth Hart bei einem noch breiteren Publikum einen Stein im Brett, inzwischen bedient die US-Amerikanerin ein insgesamt eher gesetzteres, älteres Publikum. Was absolut OK ist und ihrer Beliebtheit keinen Abbruch getan hat. Im Gegenteil scheinen die Clubs ihre Tourneen in Europa in den letzten Jahren eher größer geworden zu sein - im kommenden Jahr wird sie zudem unter anderem in der altehrwürdigen Alten Oper in Frankfurt zu sehen sein. Durchaus möglich, dass die mehrmalige Zusammenarbeit mit Joe Bonamassa nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung ist, sowohl in musikalischer, als auch in karrieretechnischer Hinsicht. Zumal man auch „Fire on the Floor“ seine Stärken nicht abstreiten kann, sei es etwa die Southern Rock-Schlagseite von „Fat Man“ oder das angeblueste „Love is a Lie“. Der laszive, langsame Walzer „Fire on the Floor“ sammelt ebenfalls Punkte, nicht zuletzt weil Hart hier ihre stimmliche Vielfalt aufblitzen lässt. Es bleibt dann allerdings auch beim gelegentlichen Aufblitzen, denn zum Beispiel „Woman you’ve been dreaming of“ ist mir einfach zu zurückhaltend und driftet sogar kurz in Richtung Fahrstuhlmusik ab. Da bekommt diese Scheibe auch dann die Kurve nicht mehr so richtig, wenn „Baby shot me down“ noch mal kurz das Feuer vergangener Tage aufleuchten lässt. Wenn man eher an den alten Alben der Sängerin hängt (wie der Autor), wird man das Gefühl nicht los, dass Beth Hart mittlerweile gelegentlich mit angezogener Handbremse fährt. Klar, die Giftigkeit von „37 Days“ war bereits bei dessen Nachfolger „My California“ verflogen, aber dafür manifestierte die Musikerin auf besagtem Album ihr herausragendes Talent für zum Sterben schöne und bemerkenswert Pathos-freie Balladen und Popsongs fernab jeder Radio-Künstlichkeit. Und als man „Fire on the Floor“ schon fast den „Da war mehr drin“-Stempel aufdrücken will, kommen mit „Good Day to cry“, „Picture in a Frame“ und „No Place like Home“ tatsächlich noch drei Perlen zum Vorschein, die auch auf besagtem 2010er Longplayer hätten stehen können. (Fast) nur Piano, Stimme und Schlagzeug, dazu bedingungslos ehrliche und authentische Lyrics - da ist sie also doch noch, die „Beth von früher“, und zwar in Hochform. So wird zwar nicht das komplette Album auf der Zielgeraden noch zum Volltreffer, aber es versöhnt wenigstens die Fans früherer Schaffensphasen. Die werden zwar nur vielleicht gleich den ganzen Longplayer kaufen, aber man kann seine Zustimmung heutzutage ja auch in Form eines Einzel-Song-Downloads ausdrücken.

Markus Rutten - www.sounds2move.de