Beth Hart „Bang Bang Boom Boom“ / VÖ 04.10.2012

 

 

Als ich Beth Hart 2008 mit ihrem damaligen Album “37 Days” erstmals kennenlernte, ahnte ich noch nicht, auf was ich mich längerfristig einlassen würde. Schon besagter Langspieler war reich an Facetten, doch je mehr ich mich nach und nach auch mit den älteren Platten beschäftigte, umso deutlicher wurde mir, dass man schon den Willen mitbringen muss, sich auf jedes neue Album auch einzulassen, um voll auf seine Kosten zu kommen.

 

Wie zum Beweis, dass Stagnation wie bei jedem guten Künstler Gift für die Kreativität ist, folgte auf „37 Days“ mit „My California“ ein Nachfolger, der auf heftig rockende Eruptionen wie „Waterfalls“ und „Sick“ komplett verzichtete und stattdessen lieber eine fast durchgehend nachdenkliche Atmosphäre versprühte, mit jeder Menge Piano, sanften Drums, aber auch reichlich Gänsehautmomenten, einer unglaublichen Wärme und natürlich einer Sängerin in bestechender Form. Das letzte Lebenszeichen, ein Album mit Gitarrenmeister Joe Bonamassa (Black Country Communion) ging noch einen, wenn nicht sogar zwei Schritte weiter. Diesmal wurde dem Hörer ein reinrassiges Blues Album vorgelegt, das beide Musiker(innen) nutzten, um ihren Helden aus besagtem Genre Tribut zu zollen. Nun also „Bang Bang Boom Boom“, ein Album, das schon durch sein an 50er Jahre Pin-Ups angelehntes Cover auffällt. Dass die Eröffnungsnummer „Baddest Blues“ heißt, macht umgehend klar, dass bereits erwähntes „Don’t explain“ mit dem Kollegen Bonamassa unüberhörbar seine Spuren hinterlassen hat. Und doch bleibt irgendwie alles anders, so ist beispielsweise die erste Single – der Titeltrack – ein frecher Ohrwurm zwischen Pop, Blues und Swing. Völlig überrumpelt wird der Fan allerdings erst spät, wenn in Form von „Spirit of God“ eine astreine Swing-Nummer aus dem Köcher gezogen wird, bei der Liebhaber von Frank Sinatra und dem Rat Pack feuchte Augen bekommen dürften. Warum Beth Hart ihr Publikum trotzdem nicht vor den Kopf stößt oder schlimmer noch gleich in die Flucht schlägt? Weil es zwischendurch immer wieder auch vertraute Momente gibt, etwa in Form von „The ugliest House on the Block“. Abgesehen davon ist es sicherlich vor allem das Goldkehlchen der Protagonistin, das die Hörer bei der Stange hält. Das grobe Reibeisen, das noch auf „37 Days“ und „Leave the Light on“ mehrfach für Verzückung sorgte und auch live für den nötigen Bums zuständig ist, bleibt zwar erneut fast komplett in der Schublade, dafür sitzen die ruhigen Momente („There in your Heart“) punktgenau. Der eine oder andere Fans wird nichtsdestotrotz ein paar Durchläufe brauchen, denn obwohl man nach „Don’t explain“ eigentlich schon das Unerwartete erwartet hatte, bietet „Bang Bang Boom Boom“ immer noch einige Überraschungen. Zumindest auf eines ist Verlass, nämlich dass Beth Hart sich mit ihrem achten Album wieder ein Stück weit, vielleicht sogar mehr denn je, neu erfunden hat.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de