Baroness "Purple" / VÖ 18.12.2015

 

 

 

Es ist durchaus bemerkenswert, dass mit "Purple" bereits jetzt das vierte Album von Baroness vorliegt, denn nach der Veröffentlichung ihres letzten Doppelalbums "Yellow & Green" ereilte die Musiker während der anschließenden Tour ein amtlicher Schicksalsschlag, und es war nicht mal klar, ob es überhaupt weitergehen würde für das Quartett. Man war gerade in England unterwegs, als der Busfahrer in der Nähe von Bath bei starkem Regen die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und das Gefährt neun Meter von einer Brücke in die Tiefe stürzte. Die Bandmitglieder überlebten den Unfall zwar teils schwer verletzt, mussten ihre Aktivitäten aber auf unbestimmte Zeit aussetzen. Unter diesen Umständen sind die drei Jahre, die nun zwischen dem Vorgänger und "Purple" liegen gefühlt nur ein Wimpernschlag.

 

Passiert ist in der Zwischenzeit trotzdem einiges: Nicht nur musste sich Frontmann und Gitarrist John Baizley von einem Arm- und einem Beinbruch erholen und das Trauma des Unfalls verarbeiten, sondern auch zwei neue Mitglieder für Baroness mussten rekrutiert werden. Schlagzeuger Allen Blickle und Bassist Matt Maggioni hatten sich bei dem Unfall Frakturen an der Wirbelsäule zugezogen und waren 2013 in Folge dessen ausgestiegen, da sie sich angesichts der Ereignisse nicht dazu im Stande sahen, weiterhin Musik zu machen und auf Tour zu gehen. Mit den Neuzugängen Sebastian Thomson (Schlagzeug) und Nick Jost (Bass) sowie eigenem Label hat man nun zehn neue Songs am Start, die den zuvor eingeschlagenen Weg von Baroness konsequent weitergehen und den Nerv aller treffen dürften, die sich irgendwo im Dreieck zwischen Progressive, Sludge und Alternative Metal zu Hause fühlen. Besonders Fans von Truppen wie Mastodon bekommen hier wieder einiges geboten, das sie an ihre Lieblinge erinnern wird ("Morningstar"). Klanglich schlagen Baroness allerdings einen etwas anderen Weg als ihre Landsleute ein, die Produktion ist hier und da auffallend schwummrig geraten, was der Musik eine angenehme Wärme verleiht, aber nicht überall für tosende Begeisterung sorgen wird. Für den einen oder anderen dürfte "Purple" wohl etwas differenzierter klingen, was man nach ein paar Durchläufen etwa von "The Iron Bell" durchaus nachvollziehen kann. Denn obwohl der Song einen geilen Drive hat wird man das Gefühl nicht los, dass noch mehr drin gewesen wäre, wenn man sich für ein saubereres Mastering entschieden hätte. Hierüber werden sich die Fans noch eine ganze Weile die Köpfe zermartern, trotzdem sollte man sich nicht davon ablenken lassen, dass Baroness auch einiges richtig gemacht haben. Zum Beispiel haben sie die Zugänglichkeit zu ihrer Musik wieder ein bisschen erhöht, was "Purple" zu einem sehr angenehmen Zeitgenossen macht - ohne dabei gleich vom tugendreichen Pfad der Vorgängeralben abzukommen versteht sich. Auch hat man mit 42 Minuten Spielzeit einen guten Rahmen gewählt und damit auch für eine dichte Atmosphäre gesorgt. Etwas, das auch "Yellow & Green" rückblickend gut getan hätte, was jedoch kein exklusives Problem ist, sondern ein durchaus gängiges Phänomen bei vielen Doppelalben. Pluspunkte bekommt das Kleeblatt aus Georgia auch für das Riffing, das erwartungsgemäß satt ist und ebenso wie der Gesang auch trotz teils diskussionswürdigem Klang überzeugen kann. Die Sache mit dem Sound wird dem einen oder anderen sauer aufstoßen, das reicht jedoch nicht, um den grundsätzlich positiven Eindruck der Scheibe zu ruinieren.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de