Ayreon „Timelines“ / VÖ 14.11.2008

 

 

Ich glaube es gibt nur wenige, die immer noch nicht mitbekommen haben, dass Arjen A. Lucassen zu den großen Visionären des progressiven Metal gehört und zudem ein unglaubliches Händchen für gleichermaßen anspruchsvolle wie packende Kompositionen hat. So mancher würde sogar noch einen Schritt weitergehen und konstatieren, dass jedes bisherige Album seines Flagschiffes Ayreon ein echter Genre-Klassiker ist. Für all diejenigen, die noch nicht alles haben, gibt es mit „Timeline“ jetzt nach 13 Jahren und acht Alben endlich die erste Best-of Zusammenstellung des Meisters mit dem bezeichnenden Titel „Timelines“.

 

Wer die Boxsets des Holländers kennt, der wird auch von dieser hier nicht überrascht sein, selbst wenn es diesmal kein A5-Format gibt. So hat der Multiinstrumentalist ungeachtet dessen gleich drei CDs randvoll mit unzähligen Stücken aller Schaffensphasen gepackt, wobei hier und da sicher auch die physikalische Grenze des CD-Mediums ein wenig die Auswahl der Songs bzw. eben deren Wegfallen zu verantworten hat. Ob nun wirklich nur die allerbesten Ayreon-Songs beinhaltet sind, sei dahin gestellt, da sowieso absolut subjektiv. Fakt ist, dass so oder so viele Schmuckstücke enthalten sind, etwa „Isis and Osiris“ mit der damals noch blutjungen Sharon den Adel (vom „Into the Electric Castle“ Album), „Day Two: Isolation“, bei dem sich mal eben James LaBrie und Mikael Akerfeldt neben einigen anderen die Ehre geben. „Day Six: Childhood“  taugt darüber hinaus ebenso wie das orientalisch angehauchte „Day Sixteen: Loser“. Hingegen ist „Day Twelve: Trauma“ für mich persönlich nicht so der Knaller, was dafür die „01011001“-Knaller „Ride the Comet“ und „The Fifth Extinction“ locker wett machen. Als Anreiz für die Alleshaber wurde mit „Epilogue: The Memory Remains“ noch ein bislang unveröffentlichtes, sehr atmosphärisches Nümmerchen dazu gepackt. Obendrauf gibt es dann noch eine voll gepackte DVD mit diversem Videomaterial, das Mr. Lucassen aus den Untiefen seiner Archive ans Tageslicht befördert hat. Einen großen Schmunzelfaktor weist hierbei die betagte Live-Umsetzung von bereits erwähntem „Isis and Osiris“ auf, welche den Maestro nicht nur in einem unsagbar grenzwertigen silbernen Overall mit wunderbar unpassendem Stirnband zeigt, sondern bei dem auch Keyboarder Joost mit farbigen Zöpfchen und recht femininer Langhaarfrisur sehr jugendlich wirkt, ebenso wie dessen heutige Bandkollegin und After Forever Front-Kraftpaket Floor Jansen – hier direkt im Doppelpack mit ihrer (Zwillings?)Schwester Irene, die man beide seinerzeit ebenfalls in ziemlich grenzwertige Outfits gesteckt hat. Dazu gibt es Interviewsequenzen und diverse andere Clips, die man über das stimmige DVD-Menü erforschen kann. Hier und da wurde laut Aussage des Komponisten auch mal eine Nummer neu gemastert, wodurch vor allem ältere Nummern noch einmal klanglich aufgewertet werden konnten. Unter zusätzlicher Erwähnung des dicken Booklets kann man hier wirklich von einer lohnenswerten und vor allem äußerst wertigen Sache sprechen, die den Ausnahmestatus Ayreons in der Metallandschaft eindrucksvoll umreißt. Dabei sollte man sich als Quereinsteiger nicht vom Science-Fiction Konzept der Band blenden oder gar abschrecken lassen, da die Musik auch losgelöst vom ihr gegebenen Rahmen ausgezeichnet funktioniert. Kurzum: Eine runde Sache.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 20.11.2008