Autumn „My new Time“ / VÖ 04.05.2007

 

 

Wer braucht schon ein Major Label? Die Niederländer (und –innen) Autumn sicherlich nicht. Nach ihrem eher durchwachsenen Debüt „When Lust evokes the Curse“ war die Band  in einer Zeit, in der alle Labels krampfhaft zu versuchen schienen die neuen Evanescence zu finden, bei eben einem solchen Großkonzern untergekommen, wo man mit dem 2. Album „Summer’s End“ nicht nur einen musikalischen Quantensprung präsentierte, sondern auch ein Album voller Metal-Hits zusammenschusterte. Wo wir auch schon beim Haken an der Sache wären: Denn für den breiten Massenmarkt ist eine Band wie Autumn, deren Wurzeln u.a. bei den alten Anathema und Paradise Lost liegen, nicht ausgelegt. Folglich sackte die Band in der Prioritätsliste ihrer Geschäftspartner immer weiter ab, was logischerweise zur Trennung der Wege beider Parteien führte.

 

Eine neue Heimat hat die Band um Nienke de Jong jetzt beim Indi (und Metal-Spezialisten) Metal Blade gefunden. Und hier stehen die Vorzeichen um ein Vielfaches besser als seiner Zeit beim Industriegiganten. Denn auf seinem neuen Label genießt das Sextett zwischen allerlei Hardcore, Metalcore und Death Metal Acts eine Ausnahmestellung und somit auch eine deutlich höhere Priorität. Aber genug von geschäftlichen Rahmenbedingungen, denn im Fokus steht natürlich das neuste Schmuckstück aus dem Hause Autumn, welches auf den Namen „My new Time“ hört und einige Neuerungen mit sich bringt. Denn Autumn haben die Rocksau in sich entfesselt, die auf ihrem dritten Album klar den Ton angibt. Wo der Vorgänger „Summer’s End“ noch von seiner eher düsteren und negativen Stimmung dominiert wurde, in deren Sog Kracher wie „Gallery of Reality“, „Lifelines“ und natürlich das unwiderstehliche „The Green Angel“ mächtig punkten konnten, ist „My new Time“ so etwas wie der freundliche Bruder seines Vorgängers. Ein Teil der Heavyness wurde vor allem auf der ersten Hälfte des Albums zurückgestellt, um rockigen Arrangements, tollen Melodien und jeder Menge Ohrwürmern Platz zu machen. Das direkte „Blue Wine“ ist mit einer wunderbaren Gesangslinie im Chorus und einer abwechslungsreichen Struktur gesegnet, der Opener „Satellites“ spielt gekonnt mit elektronischen Effekten und Samples und der Titeltrack „My new Time“ rockt streckenweise fast schon punkig vor sich hin und zieht den Hörer binnen kürzester Zeit mit seinem Groove und seinem göttlichen Refrain in seinen Bann. Hingegen ist „Twisted and Turned“ etwas dichter am vorherigen Werk der Band angelehnt und punktet mit einem schönen Übergang zwischen elektronsicher und akustischer Gitarre zum Ausklang des Stückes. Auch „Forget to Remember“ und „State of Mind“ beweisen, dass Autumn immer noch so klingen können, wie sie es auf „Summer’s End“ getan haben. Doch wirklich nötig ist das nicht mal, denn auch mit rockiger Schlagseite kann die Band durch die Bank überzeugen. Und wer eine Sängerin wie Nienke de Jong hat, deren kraftvolle, verhältnismäßig tiefe Stimme ein solch emotionales wie ausdrucksstarkes Spektrum abdeckt, der kann getrost auch auf Grunts verzichten, was Autumn auf „My new Time“ ebenfalls erkannt und sogleich umgesetzt haben. „Und schon wieder bricht die Band mit einem Gothic Metal Klischee“ möchte der eine oder andere jetzt vielleicht denken. Aber waren Autumn nicht schon immer irgendwie anders? Waren sie und das steht ihnen 2007 besser zu Gesicht als jemals zuvor.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 01.05.2007