Audrey Horne „Youngblood“ / VÖ 01.02.2013
Mit
ihren letzten beiden Alben haben sich Audrey Horne zu waschechten
Kritikerlieblingen gemausert, primär natürlich für die Qualität ihres
Liedguts, aber auch die Bühnenumsetzung selbiger erntete und erntet
fast immer positive Resonanzen. Mit „Youngblood“ kommt nun das vierte
Scheibchen in die Läden – und das hat abermals das Zeug zum
Rock´n´Roll-Seelenfänger.
Wo den Norwegern bisher noch der letzte kleine Kick fehlte, um vollends
und so richtig durchzustarten, könnte „Youngblood“ nun der letzte noch
nötige Windstoß sein, um den Bock endgültig umzustoßen. Wobei Windstoß
glatt untertrieben ist, schließlich ist diese Platte mindestens eine
steife Brise und zwar eine mit Aussicht darauf, einem einen neuen
Scheitel zu ziehen. Bereits die arschtighte Hitladung „Redemption
Blues“/„Straight into your Grave“ rockt so unverschämt lockerflockig
durch die Hirnwindungen, dass man die Füße schon am Boden festnageln
müsste, damit diese nicht verzückt mitwippen. Ähnlich wie bei „Audrey
Horne“ und „Le Fol“ muss man sich auch in „Youngblood“ erst einmal kurz
reinfühlen, die Scheibe gewissermaßen abtasten und erste Widerhaken
suchen, bevor der Langspieler sich nach und nach, dann aber immer
schneller und intensiver entfaltet. Aber geschenkt, denn ist man diesem
Teil erst einmal verfallen, fällt es einem verdammt schwer, den
CD-Schacht wieder für die Konkurrenz zu räumen. Zu verdanken haben
Audrey Horne das in erster Linie der Tatsache, dass man beim
Songwriting diesmal noch etwas schneller zum Punkt kommt, die Melodien
noch etwas gefälliger sind und – vielleicht mehr als alles andere –
Sänger Toschie Rod noch bessere und packendere Gesangsarrangements und
–melodien aus dem nicht vorhandenen Zylinder gezaubert hat. Was der
Anfangvierziger uns hier abliefert, steht ganz klar und vollkommen
zurecht im Fokus der Aufmerksamkeit, selbst wenn nicht verschwiegen
werden sollte, dass auch die Instrumente (allen voran die immer wieder
feine Riffs aus der Hüfte schießenden Gitarren) überdurchschnittlichen
Qualitätsansprüchen genügen. Währenddessen halten sich Keyboard und
Hammond-Orgel dezent im Hintergrund, ein bisschen unterschwellige
Hypnose muss reichen. Der Rest ist allerfeinster Rock und aller Ehren
wert, wildert geschmackvoll und stilsicher mal im energischen
Alternative Rock, mal im dezent schwermütigen Post-Grunge oder auch mal
im warmen Classic Rock. So hätte sich „Pretty little Sunshine“ auch
prima auf dem sehr guten ersten und bisher leider einzigen Album der
Allstar-Truppe The Damned Things (u.a. mit Scott Ian von Anthrax)
gemacht. Aber im Grunde spielen Audrey Horne ihren bisher erfolgreichen
Stiefel weiter runter, lassen sich dabei jedoch auf weniger
Abschweifungen vom eingeschlagenen Weg ein und präsentieren sich
deshalb ausgereifter und zugleich noch zugänglicher als in der
Vergangenheit. Aus diesem Grund haben Hymnen wie „This ends here“ auch
das Zeug dazu, jedes Rockerherz höher schlagen zu lassen.
Damit die frohe Kunde von diesem Leckerbissen auch weit in die Welt
hinausgetragen wird, hat man sich kürzlich mit Napalm Records für eine
neue, gut vernetzte Plattenfirma entschieden. Die ebenfalls weit oben
im „Up-and-Coming“-Ranking platzierten Long Distance Calling haben
darüber hinaus den Platz als direkter Support auf ihrer kommenden
Headlinertour durch Europa für die norwegischen Kollegen frei gemacht,
wovon beide Formationen profitieren dürften. „Youngblood“ kommt
jedenfalls genau zum richtigen Zeitpunkt, um Rockerherzen und
Nackenmuskeln aus der Winterlethargie zu reißen. Da ist einem das neue
Jahr doch gleich sympathisch, wenn es einen mit solch einem
Paukenschlag begrüßt. Ganz famoses Teil!
Markus Rutten - www.sounds2move.de