Atrocity „Okkult“ / VÖ 26.04.2013

  

Atrocity erwiesen sich während ihres musikalischen Werdegangs als flexible, entwicklungsfreudige Band, die den Blick über den berühmten stilistischen Tellerrand nie gescheut hat. Ob deswegen jedes Stück der „Werk 80“ Alben ein Knaller war, sei einmal dahin gestellt, aber der Wille zum musikalischen Ausloten aller möglichen musikalischen Stile ist doch schon bemerkenswert. Fünf Jahre nach „Werk 80 II“ und neun Jahre nach dem letzten extremeren Album „Atlantis“ veröffentlichen Atrocity am 26.04.2013 ihr neues Album „Okkult“.

Allgemein habe ich den Eindruck, dass sich Atrocity wieder vermehrt Richtung „Atlantis“ und ihrer deathmetallastigen Wurzeln hin orientieren. Sie verlieren sich dabei nicht in sinnlosem Gebolze, sondern grooven gerne mit mächtig symphonisch aggressiver Schlagseite durchs Dickicht. Der Opener „Pandemonium“ mag exemplarisch genau dafür stehen. „Death by Metal“ haut schon eher auf die Klischeekacke, das Stück boxt dem geneigten Hörer recht geradeaus in die Fresse – das Lied steht ganz im stilistischen Gegensatz zum Opener „Pandemonium“. Eine recht minimalistische, aber dennoch voll überzeugende Dampfwalze, die verdeutlicht, dass Atrocity das etwas „einfachere“ Geknüppel keinesfalls verlernt haben. „Satans Braut“ schlägt in gewisser Hinsicht die stilistische Brücke zum „Gemini“-Album – einen dezenten „Smash Hit“ Charakter kann ich diesem Lied durchaus attestieren. Frisst sich schnell in den hiesigen Hirnwindungen fest und verbleibt dort auch erst einmal recht lange – super gemacht!

Die Stärke des neuen Atrocity Album ist neben dem ausgefeilten und detailverliebten Songwriting definitiv die unglaubliche stilistische Bandbreite. „Okkult“ klingt streckenweise wie ein cineastisches Spektakel und kann dabei vollends überzeugen. Eine positive Überraschung, die ich mir immer wieder gerne anhöre.

Christian Stiewe - www.sounds2move.de

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Atrocity sind zurück. Neun Jahre nach dem letzten regulären Longplayer „Atlantis“ liegt mit „Okkult“ nun ein amtlicher Brecher als würdiger Nachfolger vor. Die Ankündigung, dass es sich um den Beginn einer Trilogie handelt, lässt hoffen, dass man im Hause Krull dem ehemaligen Flaggschiff deutscher Hartmetallkunst wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt. Man hatte doch den Eindruck, dass in den letzten Jahren das Hauptaugenmerk auf Leaves´ Eyes gelegen hat und Atrocity nur noch eine Art Projektstatus zukam („Werk 80 II“ und „After the Storm“ stehen hierfür als Beispiele).

Doch zurück zu „Okkult“: Schon der Opener „Pandæmonium“ mit seinem düsteren Horrorfilm-Intro und den an „Das Omen“ erinnernden „Pandæmonium“-Chören, eingebettet in ein brachiales Black Metal Gewand (der Cradle-of-Filth/Dimmu-Borgir-Black Metal, nicht der true Black Metal wohlgemerkt), zeigt einem, wo der Hammer hängt. Apropros Cradle of Filth. Der Opener ist nicht der einzige Song, der mich an die Engländer erinnert („March of the Undying“,„Necromancy Divine“). Doch schon im zweiten Track „Death by Metal“ wird der andere große Einfluss auf diesem Album deutlich: Und das ist todesmetallisch angehauchter Thrash. Nicht nur hier gibt es voll auf die Fresse, werden Killerriffs ausgepackt und ein Slayer-Solo ans nächste gereiht. Alex Krull shoutet und growlt sich durch das knapp einstündige Album, dass es nur so eine Freude ist. Allerdings habe ich etwas seinen markanten Sprechgesang vermisst. Gattin Liv Kristine hält sich dagegen sehr zurück und sorgt neben den bereits genannten Chören höchstens mal für ein wenig Hintergrundgesäusel.Auch auf gelungene Mitgröhlparts („Murder Blood Assassination“ oder eben „Death by Metal“) kann der geneigte Fan setzen. Wohlgemerkt sind auch diese Thrash/Death-Dampfwalzen nie ohne die obligatorischen Soundspielerein ausgestattet, die dem Album seine spezielle Atmosphäre verpassen.

Alles im besten Lack? Nicht ganz: Mit „Satans Braut“ hat sich leider auch eine Niete eingeschlichen. Der deutsche Text ist zwar nicht ganz so peinlich wie seinerzeit „Wilder Schmetterling“, erinnert aber im ganzen doch eher an eine vertonte „D&D“-Sitzung. Und die gesangliche Rammsteinanbiederung im Mittelteil hätte auch nicht Not getan. Der vielleicht eingängigste Song des Albums folgt kurz darauf mit „When Empires fall to Dust“. Hier gibt es schöne Melodien, experimentierfreudige Gitarren, und auch Liv Kristine bekommt ein paar Einsätze. Der achtminütige (allerdings am Ende mit ziemlich viel überflüssigem Geräusch versehene) Rausschmeißer „La Voisine“ treibt dann das Horrorfilmszenario noch einmal auf die Spitze. Alles in allem haben Atrocity bewiesen, dass sie es noch können und liefern ein gutes, düsteres Metal Album ab. Man darf auf Teil 2 der Trilogie gespannt sein!

 

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de