Arch Enemy "War Eternal" / VÖ 06.06.2014

 

 

Es war wohl eine der ersten größeren Bomben, die in der Metalszene in diesem Kalenderjahr platzten: Angela Gossow gibt das Mikrofon bei Arch Enemy ab. Für Fans und Beobachter kam dieser Schritt plötzlich und unerwartet, intern könnte sich die Sache hingegen unter Umständen schon etwas früher abgezeichnet haben - zumindest lassen gewisse Äußerungen seitens Bandchef Michael Amott in jüngsten Interviews diesen Schluss zu. Wie dem auch sei: Der König ist tot, lang lebe der König.

 

Oder besser gesagt die Königin. Während Angela Gossow, das viel beachtete und geschätzte deutsche Aushängeschild der schwedischen Melodic Deather, nun also seinen kompletten Fokus auf das Management der Band legt (dieses Amt hatte sie auch zur aktiven Zeit schon inne), hat man bereits vor Monaten Alissa White-Gluz bei ihrer ehemaligen Band The Agonist loseisen können, die so vollkommen unbemerkt "War Eternal" einsingen konnte. Dass die Meldung erst nach Fertigstellung die Runde machte ist gut, weil man so in Ruhe arbeiten konnte, lässt die Erwartungshaltung aber nicht weniger werden. Zudem ist gerade der Gesang eine sensible Position im Bandgefüge, eine Fehlbesetzung hier können sich nur sehr wenige Bands leisten, und noch weniger bekommen die Chance, einen Fehler auch wieder ausräumen zu können, bevor sie aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwunden sind. Alles ungelegte Eier für Arch Enemy, denn den Wechsel am Gesang sollte man weniger als Umbruch, sondern vielmehr als Aufbruch in eine dritte Epoche der eigenen Geschichte sehen. Quasi die "Mark III"-Besetzung, nach der spröden Frühphase mit Johan Liiva, respektive dem großen Durchbruch und den erfolgreichen Jahren mit Frau Gossow. Die Neue ist nun gleichzeitig das Küken im Stall, mit Ende 20 aber trotzdem schon mit viel Bühnenerfahrung ausgestattet, vor allem aber mit stimmlichen Fähigkeiten gesegnet, die "War Eternal" sehr gut zu Gesicht stehen und all zu aufgewühlte Fans beruhigt in die Zukunft ihrer Lieblinge blicken lässt. Die Floskel von der Frischzellenkur, die nach solch einschneidenden Veränderungen gern bemüht wird, hat auch im Falle von Arch Enemy durchaus ihre Berechtigung, denn die Melodic Deather klingen auf ihrer neunten Platte frischer und fokussierter als zuletzt, es scheint als wollten es alle auf dieser Scheibe besonders gut machen. Genau das schaffen sie in der Tat auch, zum Glück ohne dabei gekünstelt oder gezwungen zu wirken. Stattdessen setzt es geile Hooks ("You will know my Name"), erhabene Riffs ("Avalanche") und famose Melodien ("War Eternal") im Überfluss, dazu einige schöne Keyboard-Teppiche, während das Artwork mit dem "Bloodbath"-Zaunpfahl winkt und man traditionell komplett auf jeden Klargesang verzichtet. Gesanglich tönt "War Eternal" selbstverständlich dennoch anders als der imposante Angela-Backkatalog: weniger kehlig, nicht ganz so old-schoolig, dafür deutlich moderner. Zehn Jahre Altersunterschied müssen schließlich irgendwo ihre Spuren hinterlassen. Hören lassen können sich beide Frontfrauen ohne jeden Zweifel, ein Blick in die sozialen Netzwerke zeigt außerdem, dass beide auch in Sachen Fanverehrung reichlich gesegnet sind. Eine Favoritin zu wählen ist wie so oft im Leben vor allem eines: Geschmackssache. Über "War Eternal" hingegen kann es nur eine Meinung geben: geiles Teil!

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de