Amorphis „Skyforger“ / VÖ 29.05.2009

 

 

Rückblickend betrachtet stand sich das letzte Amorphis Album in manchen Belangen selbst ein wenig im Weg. Natürlich waren gute Songs enthalten und auch live machte das Material eine gute Figur. Aber als Ganzes hat „Silent Waters“ irgendwie die richtige Dramaturgie gefehlt und manche Songs hatten unnötige Kanten. Das Album gefiel zwar, aber zumindest mir fehlte nach einiger Zeit die wünschenswerte Langzeitwirkung dieses recht düsteren Scheibchens.

 

Und genau aus diesen Fehlern scheinen Amorphis gelernt zu haben. Das fängt bereits bei der Atmosphäre an, die für Amorphis-Verhältnisse merklich positiver ausgefallen ist und eine ebensolche Ausstrahlung hat. Doch das ist lediglich eine Randnotiz, denn „Skyforger“ punktet primär bei weitaus relevanteren Aspekten. Gewohnt verspielte Gitarren (Paradebeispiel: „Sky is mine“) offerieren eine wundervolle Melodie nach der nächsten, jeder (!) Song ist ein Hit zum niederknien und Tomi Joutsen schickt uns nicht nur diverse Gänsehäute über den Buckel, wenn er überwiegend seine klare bis gemäßigt aggressive Stimmlage erklingen lässt, sondern transportiert jede Zeile und jede Gesangslinie mit einer Hingabe und Intensität, wie ich sie selbst diesem von mir wertgeschätzten Finnen nicht zugetraut hätte. Die leicht todesmetallischen Ausbrüche samt markerschütternder Grunts sind genau richtig platziert und verpassen diesem sehr kompakten und stimmigen Album die nötige Würze. Beeindruckend ist zudem, dass sich „Skyforger“ bisher trotz dutzender Durchläufe überhaupt nicht abnutzen mag und stattdessen bereits mit dem zweiten oder dritten Anlauf einen Sog entwickelt hat, dem ich mich seit Tagen (oder sind es schon Wochen?) nicht mehr entziehen kann. Ich sträube mich eigentlich gegen solche gern bemühten Musikerfloskeln, aber hier haben Amorphis in der Tat ihr Opus Magnum abgeliefert und an „Skyforger“ wird man sich zukünftig messen lassen müssen. Besonders „From the Heaven of my Heart“, „Sampo“, „Sky is Mine“, „Skyforger“ und „Silver Bride“ haben uneingeschränktes Klassikerpotential und werden auch live garantiert abräumen. Sicherlich ist das vorliegende Langeisen nicht ganz perfekt (etwa der Anfang von „From the Heaven of my Heart“ ist vielleicht etwas zu sehr in die Länge gezogen), aber Perfektion bringt ja immer auch die Gefahr von Langeweile mit sich. Davon bleiben Amorphis jedoch verschont, denn „Skyforger“ ist mit seinen immer wieder unterschwellig eingewobenen Folk-Melodien zu jeder Sekunde eine spannende Angelegenheit, welche diese prägende Band so musikalisch wie nie zuvor zeigt. Musik ist eine subjektive Geschmackssache? Das möchte ich hiermit bezweifeln, denn wer sich nicht wenigstens ein bisschen in „Skyforger“ verliebt muss taub oder völlig herzlos sein. Amorphis tragen ihres auf jeden Fall am rechten Fleck und lassen meines mit ihrem neuen Scheibchen für eine Dreiviertelstunde höher schlagen. Kiitos, Amorphis!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de / 13.05.2009