Amon Amarth “Twilight Of The Thunder God” / VÖ 19.09.2008

 

 

 

Über Amon Amarth noch irgend ein Wort zu verlieren, hieße Normannen an Frankreichs Küste tragen. Für mich herausragend zu allen Schaffensphasen der Band waren immer diese grandiosen Refrains, welche einerseits melodisch, anderseits traurig, aggressiv und von unheimlichem Fokus auf Gänsehaut-Wirkung beseelt waren. Die Leads, Licks und Hooks waren mir manchmal zu harmlos oder simpel in der Strophenphase, aber wenn dann dieses Break kam, der Chorus oder fiese Growls eine Bridge einläuteten, wurde es immer richtig geil. Und so ist es auch mit "Twilight Of The Thunder God“.

 

Der Opener mit ebendiesem Titel lebt von diesem unglaublich mitreißenden Refrain, wie nur Amon Amarth ihn imstande sind zu schreiben. Allerdings überzeugt auch die harte, intelligent komponierte Strophenphase, das gemeine Break und die Soli zu einhundert Prozent. Ein sensationeller Einstieg, auch wenn die Zutaten bekannt sind. "Free Will Sacrifice“ stampft hin zu dieser traurigen Weite, welche zunächst nur angedeutet wird, um dann auszuholen und diese ergreifende Wehmut auszulösen, man könnte heulen, die Segel liegen schwarz verbrannt, die Krieger liegen am Boden, die Fahne im Staub... doch die Hoffnung lebt. Und so geht es weiter. „Guardians Of Asgaard“ lebt von seinem Chorus, denn hier ist die Strophenphase wirklich so geraten, wie wir sie von anderen Amon Amarth-Songs kennen: eingängig, mainstreamtauglich, hart, aber simpel, doch dann kommt dieser tief gegrowlte alles mitreißende Refrain und wir wissen, so eine „When-Autumn-Storm-Comes“-Auflösung bieten wenige Bands, vielleicht noch Dark Tranquillity, Ensiferum oder Naglfar, um mal ein paar unantastbar Gute zu nennen. "Where Is Your God“ ist ein typisch-wilder Amon Amarth-Track. Hart, kantig und dennoch melodisch, dann der nordische Sturm. “Varyags Of Miklagaard” kennen wir schon, macht aber nichts, denn entscheidend ist wie immer der Chorus, und das beherrschen Johann Hegg und seine Nordmannen aus dem Wikingerärmel. Für "Tattered Banners And Bloody Flags” (welch prosaischer Titel, erinnert an Running Wild, hehe...) gilt das auch, diese Ferne, die See, das Ungewisse, werden wir je zurückkommen und wenn ja, mit wie viel Männern und in welchem Boot? ”No Fear For The Setting Sun bekräftigt, Amon Amarth könnten sich durchaus auf das Komponieren guter Refrains festlegen. Und wir hören, sie können herrliche Soli spielen, beinahe mit Wah-Wah-Effekt. ”The Hero“ läutet den äußerst gut geglückten finalen Teil des Albums ein. Amon Amarth marschieren, das Dorf ist erobert, doch nun beginnen die Probleme, denn wer soll hier das Sagen haben? Wir entscheiden uns für Freund Johann, und damit haben wir weise entschieden, denn es gibt Met zur Feier des Tages, und zwar soviel wir vertragen, was in meinem Falle nicht allzu viel ist.

 

”Live For The Kill“ beginnt mit einem offensiven Riff, selten bei Amon Amarth, diese Achtziger-Attitude. Dann der Chorus, das Apocalyptica-Experiment, könnte ruhig öfter geschehen, so was, äußerst gut geraten, dieser Part. Lobpreisungen überflüssig. Wenn auch einiges bekannt ist, so muss man doch sagen, dass Amon Amarth wissen, wie man gut unterhält. Sicher, auch Nicht-Death-Metaller werden angesprochen, na und? Für Innovation und Originalität haben wir die Brüder von Opeth. “Embrace Of The Endless Ocean“ führt uns zurück auf die unberechenbare See, denn Weib und Kind haben wir seit Jahren nicht gesehen und wir fiebern verständlicherweise der Rückkehr (wir haben uns Boote von den Bewohnern Nordfrankreichs “ausgeliehen“) entgegen. Werden wir heimische Gestade erreichen? Der Ausgang bleibt unsicher, wie immer bei Amon Amarth. Dieser Song ist mein Chorus-Highlight der CD, das Solo ist klasse, der Rhythmus böllert eindringlich, kurz: Play it loud with proud.

 

ME – www.sounds2move.de / 18.09.2008