Aerosmith "Rock the rising Sun" / VÖ 19.07.2013

  

Von einem atomaren Zwischenfall lässt sich ein Rock-Dino doch nicht die sprichwörtliche Tour versauen. Das scheinen sich Aerosmith gedacht zu haben, die - der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima im März 2011 zum Trotz - im Herbst des gleichen Jahres für eine Reihe von Konzerten ins Land der aufgehenden Sonne reisten.

Böse Zungen mögen behaupten, dass vor allem Steven Tyler und Joe Perry dermaßen abgehärtet durch jahrelange Exzesse mit Alkohol und anderen Substanzen sind, dass ihnen auch atomare Strahlung nichts mehr anhaben kann. Aber ohne Zweifel ist es eine mutige Entscheidung, aller Hysterie zu trotzen und den dortigen Fans als sicher willkommene Abwechslung ein paar satte Hard Rock-Evergreens um die Ohren zu hauen. Wie wir im Laufe des gut anderthalbstündigen Konzertfilms "Rock the Rising Sun" erfahren, haben sich auch einige Fans aus anderen Ländern nicht abschrecken lassen und die Reise nach Japan auf sich genommen, um ihre Helden dort live zu erleben. So etwa ein paar Jungs aus den USA, die der Band bei einem Stadtbummel eher zufällig über den Weg laufen und für die Steven Tyler neben einem Schwätzchen und ein paar anerkennenden Worten natürlich auch das eine oder andere Autogramm parat hat - feiner Zug. Ein anderer Fan, diesmal ein Ortsansässiger, hat ebenfalls ein großes Los gezogen: Der Die-Hard-Anhänger (O-Ton Band: "Er kann JEDEN einzelnen unserer Songs auf der Gitarre nachspielen, unglaublich!") darf mit seiner Griffbrettakrobatik die Credits und Outtakes optisch untermalen. Der dazugehörige Ton kommt zwar von Aerosmith selbst (respektive einer der Shows), aber wer kann schon von sich behaupten, mal den Abspann seiner Lieblingsband gerockt zu haben?

Den Druck, eine komplett perfekte Show spielen zu müssen, umschiffen Aerosmith schon durch das Format von "Rock the Rising Sun" clever, denn man präsentiert weniger eine klassische Live-DVD (bzw. Blu-ray), sondern einen Zusammenschnitt der Highlights von der gesamten Tour und unterbricht diese immer wieder mit Szenen aus dem Backstage-Bereich, vom Sightseeing oder der Reise quer durch's Land, welche die Musiker und ihre Crew nicht selten statt mit dem Flieger per Zug bewerkstelligen. Dem Live-Feeling tut das keinen Abbruch, denn die Songauswahl lässt kaum Wünsche offen (wobei "Living on the Edge" die einzige Quasi-Ballade bleibt), die Hallen sind riesig und die Fans euphorisch. Kein Wunder, hatten sie zuvor doch eine immerhin siebenjährige Live-Abstinenz ihrer Helden verkraften müssen. Das die in der Zwischenzeit nicht jünger geworden sind - geschenkt, denn die Herren wissen immer noch wie gerockt wird und untermauern dies mit einem Streifzug durch ihr unantastbares Hit-Arsenal.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de