Adversus "Einer Nacht Gewesenes" - Plattenkritik / VÖ 01.11.2005
"Einer Nacht Gewesenes", das nunmehr zweite Album von Adversus, ist eines
jener Werke dass nur schwer zu besprechen ist. Denn der Hörer wird von diesem Album förmlich erschlagen, da es so voll
gepackt ist mit unterschiedlichsten musikalischen Zutaten und symbolschwangeren Texten. Und somit bräuchte man eine
beträchtliche Zeit, um jede Komponente dieses Album zu erfassen und in die richtigen Worte zu kleiden. Doch leider hat man
jene als Musikmagazinschreiberling nicht, zumindest nicht in jenem Ausmaße die man in diesem Fall bräuchte. Dennoch möchte
ich in den folgenden Zeilen versuchen, dieses Album fair und gerecht zu besprechen und die vorhandenen Stärken, wie auch
Schwächen darzulegen.
"Leichtkonsumierbar". Das ist "Einer Nacht Gewesenes" auf alle Fälle nicht
geworden. Vielmehr beabsichtigen Adversus den Hörer durch und durch zu fordern, ohne dabei auf musikalisch
oberflächliche Unterhaltung zurückzugreifen. Und jene Herausforderung des Hörers, jener Erhobene intellektuelle Anspruch, soll
im Falle von "Einer Nacht Gewesenes" durch Überforderung erreicht werden. So wird auf diesem Album auf verschiedenste
Genrezutaten zurückgegriffen, werden grundsätzlich widersprüchliche Komponenten miteinander gepaart und die Emotionale
Überflutung des Hörers, als einzig wahres Ziel erkoren. Egal ob Metal, Klassik, Elektronik oder Folk, auf dieser CD wird die
Grenze des Massengeschmacks fließend überschritten. Zusätzlich kommen auch noch Gedichtsrezessionen zum tragen, während in
den Songs selber, auf die unterschiedlichsten Sangesstimmen zurückgegriffen wird. Vom betörenden weiblichen Soprangesang, bis
hin zum wilden männlichen Geschrei oder Gastsängern wie ASP oder Max Testory (Chamber), wird die ganze Bandbreite abgedeckt.
Aber auch Instrumental schöpfen Adversus aus den vollen, fügen neben der Gitarre noch Kontrabass, Piano, Klarinette,
Violine und einen schottischen Dudelsack, der von Thomas Zöller (u.a Estampie und Qntal) gespielt wird, ihrem Sound bei. Und
all diese Zutaten werden wie schon erwähnt, nicht getrennt voneinander eingesetzt, sondern teilweise in einem und demselben
Song aufgefahren. Dabei sind Lieder entstanden, die man nicht als Ohrwurm bezeichnen kann, die den Hörer mit ihrer sperrigen
Art entweder herausfordern oder abschrecken. Denn hier liegt genau der Knackpunkt von "Einer Nacht Gewesenes" begraben,
da das ganze teilweise einfach zuviel des guten wird. Von daher werden viele diese musikalische Überforderung als Verworren
und Uneinheitliche abtun, da dieses Album es einem zu keinem Zeitpunkt leicht macht. Auch wird es so manchem Hörer schwer
fallen, unter all diesen Komponenten die Emotionale Tiefe zu ergründen. Für das steht die überbrodelnde Musik, den angestrebten
Gefühlen mehr als nur einmal im Wege, und somit wäre in diesem Fall wohl weniger mehr gewesen. Dennoch merkt man jeder
Spielsekunde an, wie viel Arbeit und Mühe in das gesamte investiert wurde. Es ist ganz offensichtlich, dass Adversus
mit diesem Album ein Gesamtkunstwerk anstrebten, bei dem Musik und Text Hand in Hand gehen. Und wie das nun mal bei der Kunst
so ist, wird es dem einen gefallen und dem anderen nicht.
Nun gut, was ist nun dieses Album geworden? Ist es ein Meisterwerk für den anspruchsvollen
Hörer, oder gar ein pseudointellektuelles Kaleidoskop an musikalisch verworrenen Ideen? Ich möchte in dieser Hinsicht
kein Urteil darüber abgeben, da dieses Werk wohl wirklich die Geschmäcker scheiden wird. Und das ist vermutlich auch die
Absicht von Adversus, da auf diesem Album ein künstlerischer Gedanke konsequent und ohne Kompromisse Umgesetzt wurde.
Alleine für das haben Adversus meinen tiefsten Respekt verdient, denn heutzutage ist es leider viel zu schwer
geworden, sich künstlerisch Frei zu entfalten. Ob man das daraus entstandene Resultat nun mögen soll oder nicht, möchte ich
hierbei offen lassen. Jedem Interessierten Hörer kann ich jedoch ein Reinhören empfehlen, denn nur durch das wird man herausfinden
ob "Einer Nacht Gewesenes" einen anspricht.